Sexismus-Vorwürfe: Hessische Linke sieht kein Verschulden bei Wissler

Die Enthüllungen über sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch haben die Partei „Die Linke“ in eine existenzielle Krise gestürzt. Eine der beiden Bundesvorsitzenden ist gestern zurückgetreten, die andere ist deutlich angezählt – gemeint ist Janine Wissler, die ehemalige Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag und jetzige Bundesvorsitzende. Die Vorwürfe betreffen vor allem den hessischen Landesverband der Partei. Deren Spitze hat sich heute dazu geäußert.

Der Vorstand der hessischen Linken zeigt sich heute in Frankfurt erschüttert darüber, dass es sexuelle Gewalt in der Linkspartei gegeben hat.
Jan Schalauske, Die Linke, Landesvorsitzender Hessen
„Wir bitten alle die, die Opfer von Übergriffen in unserer Partei geworden sind, ausdrücklich um Entschuldigung und wir wollen auch um Entschuldigung dafür bitten, dass uns die Vorwürfe unvorbereitet getroffen haben und dass trotz unserer Anstrengung zur Aufklärung und Aufarbeitung aufgrund von nicht vorhandenen Strukturen sicher auch Fehler unterlaufen sind.“
Der Vorstand will nun unabhängige Vertrauenspersonen benennen, an die sich Betroffene wenden können. Schulungen zum Thema Sexismus könnten außerdem für Führungspersonen in der Partei verpflichtend werden. Weil es für Parteiausschlüsse hohe gesetzliche Hürden gibt, sollen auch Maßnahmen wie die Entbindung von Ämtern oder der Ausschluss von Sitzungen möglich sein. Die Parteivorsitzenden machen klar, dass die Vorfälle an den Grundfesten der Partei rütteln.
Petra Heimer, Die Linke, Landesvorsitzende Hessen
„Wir wollen in Zukunft verändern, dass solche Dinge überhaupt möglich sind. Ob wir es tatsächlich verhindern können, wissen wir nicht, aber wir wollen es so schwer wie möglich machen. Wir wollen als feministische Partei diesem Anspruch auch gerecht werden und müssen da noch eine ganze Menge dafür tun.“
Gestern hatte Susanne Hennig-Wellsow, eine der beiden Bundesvorsitzenden ihren Rücktritt erklärt und unter anderem mit dem Sexismus-Skandal begründet. Die Partei wird jetzt von Janine Wissler allein geführt, die allerdings ebenfalls in die Affäre verstrickt ist. Einer der Beschuldigten ist ihr ehemaliger Lebenspartner. Dass sie – noch als Fraktionschefin im hessischen Landtag – Hilfe verweigert und nicht rechtzeitig genug aufgeklärt habe, weist sie zurück. Aus Hessen bekommt sie heute Rückendeckung.
Michael Erhardt, Die Linke, stellv. Landesvorsitzender Hessen
„Weil sie nun in der Tat bei der Fragestellung, die dann im November letzten Jahres dann hochkam sich auch sofort gemeldet hat und gesagt hat: ‚Wenn ich was zur Aufklärung beitragen kann, dann mache ich das‘. Und welches Interesse soll Frau Wissler denn nun eigentlich haben, jemanden zu schützen, der ihr mal sehr nahe gestanden ist, der aber mit ihr umgegangen ist wie man das nicht tut?
Folgen hat der Skandal bereits im Rathaus von Wiesbaden. Dort wurden die Koalitionsverhandlungen zwischen der Linken, SPD, Grünen und Volt gestoppt. Die hessische Linke galt mal als westdeutscher Vorzeigelandesverband. Nun bringt er die Partei in die schwerste Krise seit ihrer Gründung.