Zwischenbilanz zum Wiederaufbau im Ahrtal

Es ist die größte Baustelle Deutschlands: der Landkreis Ahrweiler. Im Juli 2021 verwüstete die Flutkatastrophe viele Ortschaften; die Wassermassen forderten 134 Menschenleben. Viele Politiker betonen danach, man müsse die Krise als Chance nutzen, Infrastruktur und Gebäude im Ahrtal nun katastrophensicher und klimaneutral aufzubauen. Doch oft mangelt es noch an den einfachsten Sachen – wie Wohnraum für die Flutbetroffenen. Cornelia Weigand ist seit einem Jahr Landrätin im Kreis und kann bislang nur eine gemischte Bilanz ihrer Amtszeit ziehen.

Die Flut ist mehr als eineinhalb Jahre her – mit den Folgen kämpft Rolf Schmitt aber immer noch jeden Tag. Der ehemalige Polizist hat seit der Katastrophe viel Hilfe organisiert – immerhin hat er Marienthal eine CO2-neutrale Holz-Pelletheizung verschafft. „Dorfkümmerer“ nennen ihn die Einwohner. Doch Rolf Schmitt selbst lebt immer noch in einem Container.
Rolf Schmitt, Fluthelfer
„Jetzt so nach mittlerweile nach 18 Monaten im Wohncontainer wird es doch langsam beengt und vor allem Dingen: Wir haben jetzt den zweiten Winter im Wohncontainer fast hinter uns und irgendwann reicht’s und man sehnt sich, ins normale Leben zurückzukehren.“
Der „Dorfkümmerer“, der Macher von Marienthal kann noch nicht in sein altes Haus zurückkehren – der Grund: zu wenig Handwerker, Personalausfälle durch Corona, fehlendes Baumaterial.
So wie Schmitt geht es auch vielen anderen Menschen: Die Hochwasserhilfe des Arbeiter-Samariter-Bundes stellt solche Wohneinheiten bereit. Hier in Ahrweiler sind alle belegt.
Bianca Jochen, Einrichtungsleitung Arbeiter-Samariter Bund
„Viele Leute sind einfach froh und dankbar, dass sie hier wohnen dürfen. Wiederum aber ist es auch einfach, dass sie auch wieder nach Hause wollen oder ein Zuhause finden möchten. Aber sie sind alle sehr dankbar hier, dass sie hier wohnen dürfen, dass wir die Gemeinschaft haben. Es haben sich auch neue Freundschaften gebildet.“
Gemischte Gefühle gibt es auch bei Cornelia Weigand: Die Landrätin im Kreis Ahrweiler sagt, es sei schwierig, schnell und nachhaltig zu bauen. Die neuen Gebäude sollten katastrophensicher sein. Der 30 Milliarden schwere Wiederaufbaufond von Bund Land habe deshalb den falschen Ansatz.
Cornelia Weigand (parteilos), Landrätin Kreis Ahrweiler
„Das Thema Weideraufbaufonds ist rückwärtsgewandt. Das klingt seltsam, aber das ist de facto so. Weil der deutliche Hinweis ist: Es wird nur das finanziert, was vorher da war.“
Weigand will, dass viele zerstörte Gebäude nicht einfach wieder aufgebaut, sondern neu gestaltet und anders konstruiert werden. Auch so manche Brücken dürfe aus Gründen des Hochwasserschutzes nicht wieder an derselben Stelle errichtet werden – sonst könnten sich an ihnen bei einer Flut erneut Wasser und Trümmer aufstauen. Immerhin sagt Weigand, könne sie Menschen, die weiterhin auf Hilfe warteten, auf Hilfsangebote des Kreises verweisen.
Cornelia Weigand, parteilos, Landrätin Kreis Ahrweiler
„Da sind die Infopoints, glaube ich, sehr, sehr gute Anlaufpunkte, weil die auch helfen können bei Antragsstellungen, beim Suchen von Handwerksbetrieben, von Architekten, bei alldem. Es gibt viele Möglichkeiten, dezidierte und strukturierte Hilfe in Anspruch zu nehmen.“
Rolf Schmitt hat diese Hilfe in Anspruch genommen. Im April hofft er, zusammen mit seiner Frau und seiner Hündin, wieder in sein Haus zurückkehren zu können – dann werden seit der Flut fast zwei Jahre vergangen sein.