Zwischenbilanz: Ein Monat 9-Euro-Ticket

Haben Sie es sich auch gekauft, das 9-Euro-Ticket? Für neun Euro einen Monat lang unterwegs im Regional- und Nahverkehr. In Hessen war das Ticket ein Renner: bereits fast eine Million Mal verkauft. Doch die Nachfrage bringt auch Probleme: überfüllte Züge, Verspätungen und Ausfälle.

Kein Durchkommen. Und ein Sitzplatz? – oftmals Fehlanzeige! So sieht es vor allem an den Wochenenden und an Feiertagen – hier an Fronleichnam – in vielen Zügen aus.
Ursula Gerhard, im Ruhestand
„Am Wochenende war es rappelvoll, rappel-, rappel-, rappelvoll. Das muss man schon sagen.“
Alexander Fischer, im Vertriebsinnendienst tätig
„Da ist es ein bisschen zu voll und viele Umsteigezeiten. Und wenn man dann doch auf die Bahn vertraut, das ist ein bisschen manchmal problematisch, wenn man dann Verspätungen hat und den Folgezug kriegen muss.“
Auf der einen Seite volle Züge, viele Menschen auf den Bahnsteigen, wenig Reisekomfort. Regelmäßig sind Züge zu spät, wenn sie überhaupt kommen.
Auf der anderen Seite gibt es Regionen in Hessen und Rheinland-Pfalz, in denen kaum Busse oder Bahnen fahren. Hier verpuffe der Nutzen des 9-Euro-Tickets nach Einschätzung des Fahrgastverbands quasi vollständig.
Martin Mendel, Landesvorsitzender Pro Bahn Rheinland-Pfalz
„Wir sehen in Rheinland-Pfalz große Unterschiede von den Verkaufszahlen. Und gerade da, wo die ÖPNV-Abdeckung sehr schlecht ist, also im Westen des Landes, in der Eifel und um Trier herum, da haben wir sehr schwierige Verkaufszahlen und das zeigt uns, es braucht mehr für eine Verkehrswende als einfach nur ein günstiges Ticket.“
Aus Sicht der Verkehrsverbände sind kurzfristige Lösungen aber nicht zu erwarten:
André Kavai, Geschäftsführer RMV
„Die Infrastruktur und auch die Kapazitäten, die können Sie ja nicht im Baumarkt kaufen und von heute auf morgen einsetzen. Also da brauchen Sie natürlich immer Vorläufe. Ich glaube das, was die Branche machen konnte, an zusätzlichen Kapazitäten zu mobilisieren, ist passiert. Alles, was fahren kann, ist draußen.“
Das 9-Euro-Ticket ist Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung. Preiswert Bus und Bahn fahren, das nehmen viele an.
Ismail Kabak
„Das hilft halt den Leuten, die finanziell nicht so in der Lage sind, wie es sein soll.“
Marlies und Udo Englisch, Rentner
„Wir wollen dann nächsten Monat ein bisschen mehr mit fahren. Und dann vielleicht mal nach Mainz, Wiesbaden oder in die andere Richtung, Aschaffenburg.“
Angelina Schmücker, Winzerin
„Ich habe mir das Ticket gekauft, obwohl ich eigentlich mit dem Auto unterwegs bin, aber ganz kurze Strecken auch immer in Frankfurt mit der S-Bahn fahre und ich es dann einfach preislich sinnvoller fand.“
Doch würden Sie auch langfristig umsteigen?
Dieter S.: „Ja, bei dem Preis, ja.“
Reporterin: „Wenn`s wieder teurer wird, nicht mehr?“
Dieter S.: „Nein, dann schränke ich die Sache wieder ein.“
Das 9-Euro-Ticket gibt es nur zwei Monate. Darüber hinaus hat es für Bundesverkehrsminister Volker Wissing keine Zukunft. Denn das für den Einzelnen günstige Ticket koste den Steuerzahler jeden Monat eine Milliarde Euro.
Der Ticketpreis wird im Herbst also schnell wieder steigen, das deutsche Schienennetz weiter nur langsam wachsen. Nach einem Monat 9-Euro-Ticket zeigt sich, es gibt noch viele Baustellen.