Wieviele Flüchtlinge kann Kusel aufnehmen?
Wohl kein anderes Thema beschäftigt die Menschen in Kusel derzeit so sehr wie die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge auf dem ehemaligen Kasernengelände am Windhof: Über 1.000 Asylsuchende aus aller Welt sind dort gleichzeitig untergebracht – und das, obwohl die Stadt Kusel gerade einmal 5.000 Einwohner hat. Keine einfache Situation – das ist auch den Verantwortlichen klar. Viele Bürger machen sich Sorgen – und: Sie haben Fragen.
Das Interesse ist groß: Gut 500 Menschen aus Kusel und Umgebung sind gestern Abend in die Fritz-Wunderlich-Halle gekommen, um mehr über die Flüchtlingssituation in der Stadt zu erfahren. Um Fragen zu stellen – oder auch, um einfach nur ihrem Unmut Luft zu machen. Der Tenor: Wir nehmen gerne Menschen in Not auf – aber doch bitteschön in Maßen.
„Es ist alles zu viel, was man hier hat. Und das ist es, was die Menschen umtreibt. Ich sage, wir fahren gerne ins Ausland, ich habe nichts gegen die Menschen, aber das ist zu viel für Kusel.“
„Bei maximal 1.100 Insassen in dieser Einrichtung bei etwa 5.000 Einwohnern passt das Verhältnis einfach nicht.“
„Es nützt nichts, das Ding da oben vollzuhauen und die Leute sich selbst zu überlassen. Man muss einfach mal sich um die Leute kümmern. Man muss einfach schauen, dass man die Leute vernünftig integriert. Das ist wichtig.“
Gerade Letzteres kommt vor allem in Erstaufnahmeeinrichtungen jedoch häufig zu kurz. Schließlich bleiben die Flüchtlinge meist nur für ein halbes Jahr, bevor sie anderen Städten und Gemeinden zugewiesen werden. Deshalb bleiben die Menschen aus Syrien, Afghanistan und 24 weiteren Ländern für die Bürger von Kusel in der Regel Fremde – daraus entstehen Ängste.
Otto Rubly (CDU), Landrat Landkreis Kusel
„Wenn die Sorgen und Ängste da sind, kann ich nicht nachfragen: Sind sie berechtigt oder nicht berechtigt? Die sind einfach da. Und ich muss daran arbeiten, muss schauen: Wo kommen die her? Und muss daran arbeiten, dass die verschwinden.“
Und Bürgermeister Jochen Hartloff erinnert alle Kuseler, die am liebsten gar keine Flüchtlinge in ihrer Stadt haben möchten, noch einmal an die Geschichte und an Zeiten, in denen Tausende von Menschen aus Kusel und Umgebung auf der Suche nach einem besseren Leben der Heimat den Rücken kehrten.
Jochen Hartloff (SPD), Bürgermeister Kusel
„Es hat eine Entvölkerung gegeben im vorletzten Jahrhundert von fast 60 Prozent in unserer Region, weil die Leute nichts zu essen hatten – oder auch politisch verfolgt waren. Das gab es hier auch.“
Gleichzeitig macht sich aber auch Erleichterung breit, als die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Katharina Binz die neuesten Zahlen zur Kuseler Erstaufnahmeeinrichtung verkündet: Statt bis zu 1.100 zu Spitzenzeiten Anfang November sind momentan nur noch etwa 700 bis 800 Flüchtlinge in Kusel untergebracht. Tendenz: weiter sinkend.
Katharina Binz (Bündnis 90 / Die Grünen), Integrationsministerin Rheinland-Pfalz
„Ich fand das jetzt keinen unangenehmen Termin heute Abend. Mir war es sehr, sehr wichtig, auch persönlich hierher zu kommen, mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Ich finde, das ist heute Abend sehr gut gelungen. Und dafür braucht man eine offen Diskussionskultur. Und die bestand hier heute Abend.“