Was wird aus dem Tourismus im Ahrtal?

Halbzeit für die Herbstferien in Hessen und Rheinland-Pfalz. Noch bleibt eine Woche Zeit zum Verreisen und unbeschwert sein. Doch die Gastgeber im Norden von Rheinland-Pfalz können nach der Flutkatastrophe kaum von der Reiselust profitieren. 75 bis 80 Prozent der Hotels und Campingplätze im Ahrtal sind durch die Wassermassen beschädigt worden, so auch das Hotel Aurora in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Christian Lindner führt den Familienbetrieb in vierter Generation. Die oberen Stockwerke seiner Aurora sind verschont geblieben. Unten haben in den letzten Monaten über tausend Freiwillige den Estrich und den Putz abgetragen. Jetzt laufen hier die Trockner.
Christian Lindner, Inhaber Hotel Aurora Bad Neuenahr
„Wir können aktiv gar nicht mehr so viel machen. Das erschreckt den ein oder anderen, weil er nichts mehr zu tun hat. Wenn man mit dem Stemmer unterwegs ist oder koordiniert und organisiert, schnell mal in den Baumarkt fährt, dann hat man was zu tun. Und der ein oder andere kommt jetzt ins Nachdenken und Verarbeiten auch, was sehr sehr wichtig ist, aber das stellt sicherlich einige Personen hier im Ahrtal vor psychische Probleme tatsächlich, mentale Probleme.“
Nach dem langen Corona-Lockdown ist das Hotel Aurora Mitte Juli gerade erst wieder einen Monat geöffnet, als die Flut den Betrieb zerstört.
Das Hotel soll in der Nacht evakuiert werden. Christian Lindner und sein Vater machen sich mit zehn Gästen auf den Weg.
Christian Lindner, Inhaber Hotel Aurora Bad Neuenahr
„Da kamen wir dann. als wir rausgegangen sind – was schon beschwerlich war -, nicht mehr weiter. Weil dann ein reißender Fluss vor uns hochkam und dementsprechend haben wir uns den höchsten Punkt gesucht, wo ich die Gäste hochgebracht habe, im Alter von 50 bis 80, das war jetzt nicht die beweglichste Gruppe. Aber wir haben es dementsprechend geschafft. Haben aber auch zehn, elf Stunden dort verbracht, mit teilweise Wasser bis hoch zu den Knien, auf einer Stelle, die schon zwei Meter hoch war.
Christian Lindners Schicksal ist kein Einzelfall. Bis zu 80% der Hotels und Campingplätze im Ahrtal wurden von Hochwasser beschädigt.
Der Branchenverband DEHOGA wünscht sich mehr Unterstützung aus der Politik. Er fordert einen Bundesbeauftragten für das Ahrtal.
Der Verband hat selbst bundesweit rund 600.000 € an Spendengeldern gesammelt, die Betroffene jetzt beantragen können. Bis Jahresende sollen die Gelder komplett ausgezahlt sein, aber die Hoteliers brauchen vor allem eines: Gäste.
Gereon Haumann, Präsident DEHOGA RLP
„Die Ahr ist auch jetzt besuchenswert. Wir wollen natürlich keine Gaffertouristen, aber wir brauchen Besucher, die auf den Wanderwegen, auf den Radwegen unterwegs sind, und in Betriebe einkehren, die nicht von der Flut geschädigt wurden, aber von der Stornierungswelle auch geschädigt wurden.“
Christian Lindner plant, seinen Betrieb jetzt energetisch und digital zu modernisieren. Es gehe nicht nur um Wiederaufbau, sagt er, sondern um Neuanfang:
Christian Lindner, Inhaber Hotel Aurora Bad Neuenahr
„Denn jetzt ist tatsächlich, auch wenn man das immer so ein bisschen … da muss man vorsichtig sein, wie man das sagt, aber jetzt ist eben auch die Chance da, das umzusetzen.“
Bis die Aurora aber wieder in vollem Glanz erstrahlt, wird es dauern. Christian Lindner hofft, seine Gäste zum Weihnachtsfest 2022 wieder hier begrüßen zu dürfen.