Was wird aus dem Regionalflughafen?

Viele Fragen zur Insolvenz der Flughafenbetreiber am Hahn sind noch offen. Einige klären wir mit dem Luftverkehr-Experten Professor Karl-Rudolf Rupprecht von der Frankfurt University of Applied Sciences.

Maike Dickhaus, Moderatorin: Guten Abend nach Frankfurt.
Prof. Karl-Rudolf Rupprecht, Frankfurt University of Applied Sciences: Guten Abend.
Dickhaus: Herr Professor Rupprecht, jetzt ist passiert, was lange befürchtet wurde: Der Hahn ist pleite. War es ein Fehler der rheinland-pfälzischen Landesregierung, ihren Anteil am Flughafen an den chinesischen HNA-Konzern zu verkaufen, der ja mittlerweile auch insolvent ist?
Rupprecht: Für Regionalflughäfen ist es immer schwer, seinen Weg in die Zukunft zu finden und die Landesregierung hat sicherlich alles versucht, um einen Zukunftsweg für den Flughafen aufzuzeigen. Und insofern glaube ich, darf man der Landesregierung keinen Vorwurf machen, dass sie den letzten Zipfel auch noch genutzt hat, nämlich die Chance, eine HNA Group zu nutzen, die ja im Charterbereich auch sehr stark gewesen ist.
Dickhaus: Warum hat es denn nicht geklappt, den Flughafen zu etablieren? Schließlich sind da mal mehr als 4 Millionen Passagiere im Jahr abgeflogen.
Rupprecht: Die goldenen Zeiten der Regionalflughäfen und insbesondere Hahn waren die Zeiten, wo es enge Kapazitäten auf den großen Flughäfen wie Frankfurt und München gegeben hat. Der Abschwung hat sich aufgezeigt schon in einer Zeit, als die großen Drehkreuz wie München, Frankfurt gewachsen sind und man dann in der Region eine zu kleine Catchment area hat, also Einzugsbereich, da wird es schwierig und die Abhängigkeit von einem einzigen – hier war es Ryanair – wird man dann an der Stelle nicht glücklich und es wird schwer, entsprechend wirtschaftlich in eine zuversichtliche Zukunft zu kommen.
Dickhaus: Bei der Fracht lief es aber doch eigentlich rund. Sogar unter Pandemie Bedingungen konnten da Zuwächse erzielt werden, unter anderem weil der Online-Handel geboomt hat. Könnte es also eine Perspektive sein, den Hahn als reinen Frachtflughafen zu betreiben? Immerhin gibt es dort im Unterschied zu Frankfurt am Main kein Nachtflugverbot.
Rupprecht: Das ist sicherlich ein Vorteil, dass man kein Nachtflugverbot hat. Auf der anderen Seite darf man nicht vergessen, dass natürlich jetzt die jetzt die Airports alle wieder neue Kapazitäten haben, die sie vorher nicht hatten. Und Sie brauchen eine erhebliche Infrastruktur. Wenn Sie Online-Handel sehen, dann müssen Investitionen getätigt werden, wie Sie das heute in Leipzig und in Köln sehen, wo Sie schnell mit wenig Arbeitskraft die Teile aus dem Flugzeug herausholen können und verteilen. Das Zwischenhoch, was wir im Augenblick sehen, glaube ich, ist nicht von langer Dauer. Und von da aus gesehen, glaube ich, ist auch die Perspektive mittel- und langfristig für eine Cargo nicht besonders rosig.
Dickhaus: Also auch bei der Fracht ist es schwierig. Sehen Sie denn überhaupt noch eine Möglichkeit, den Hunsrück Airport überhaupt zu retten? Wie könnte es dort weitergehen?
Rupprecht: Das ist bitter. Es gibt natürlich Aktivitäten, wie auch Flugzeugwartung, wo mit großer Kraft entsprechend neu Akquise gemacht worden ist und mittlerweile fast 300 Mitarbeiter arbeiten und Flugzeuge instand halten. Es lohnt sich also auch in der Richtung darüber nachzudenken, wie weit man diese Arbeitsplätze halten kann. Es wird schwierig werden, dieses allein auf die Schulter einer Flugzeugwartung und -überholung zu schultern. Also von da aus gesehen, wird es sehr schwer werden, da eine tragfähige Zukunft zu finden.
Dickhaus: Und nicht nur am Hahn gibt es Probleme. Auch in Kassel-Calden startet kaum noch eine Maschine. Letztes Jahr hat der Flughafen ein Defizit von rund fünfeinhalb Millionen Euro eingefahren. Müsste man die regionalen Airports nicht dicht machen, weil sie wirtschaftlich nicht tragbar sind und sich nur durch Subventionen über Wasser halten können?
Rupprecht: Ihre Frage ist, glaube ich, ganz eindeutig mit Ja zu beantworten Wir haben eine Vielzahl von regionalen Flughäfen, die heute in der Summe nicht mehr benötigt werden. Die neuen Rahmenbedingungen, die wir ja alle als Bürger begrüßen, nämlich ökologischer unterwegs sein, Alternativen zu nutzen, da wo es geht, die führen nicht zu stärkerer Expansion auf Regionalflughäfen. Insofern glaube ich, dass wir uns Gedanken machen müssen, wie wir die Anzahl von Regionalflughäfen in Deutschland reduzieren müssen.
Dickhaus; Sagt der Frankfurter Luftfahrt-Experte Professor Karl-Rudolf Rupprecht. Vielen Dank für Ihre fachliche Einschätzung.
Rupprecht: Bitte sehr.