Was sagt das Abwasser über die Corona-Lage?

Viele Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren, merken es – wenn überhaupt – erst dann, wenn Symptome wie Husten oder Erschöpfung auftreten. Dann ist es meist zu spät, denn schon einige Tage vorher kann ein Infizierter ansteckend sein. Im Abwasser hingegen sind Coronaviren oft schon nachweisbar, bevor die ersten Symptome auftauchen. Das sogenannte Abwasser-Monitoring, das als eine Art Corona-Frühwarnsystem taugen soll, läuft seit heute erstmals flächendeckend in Rheinland-Pfalz.

Corona im Abwasser nachweisen – was in anderen europäischen Ländern schon länger gang und gäbe ist, geschieht im kommenden Herbst und Winter auch an 14 Kläranlagen in Rheinland-Pfalz. Wie hier in Mainz werden Teile des Rohwassers in Behältern gesammelt und dann auf ihre Viruslast überprüft.
Jeanette Wetterling, Vorstandsvorsitzende Wirtschaftsbetrieb Mainz
„Wir entnehmen eine 24-Stunden-Mischprobe aus dem Zulauf der Kläranlage. Das ist das Rohabwasser. Und Sie sehen hier im Hintergrund den Probeentnahmeschrank. Da wird praktisch die Probe 24 Stunden entnommen. Das wird gemischt und dann wird es dem Labor zur Verfügung gestellt zur Sequenzierung.“
Weil weniger Menschen sich testen lassen, verliert die Corona-Inzidenz an Aussagekraft. Die Ergebnisse der Abwasseruntersuchung sollen Aufschluss darüber geben, wie viele Menschen tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert sind und welche Virusvariante gerade dominiert. Je mehr Viruspartikel im Abwasser, desto höher das Infektionsgeschehen. Die rheinland-pfälzische Landesregierung stellt für das Monitoring im nächsten halben Jahr bis zu 500.000 Euro bereit und erhofft sich Erkenntnisse, die über aktuelle Corona-Lage hinausgehen.
Daniel Stich, SPD, Ministerialdirektor Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz
„Es ist für uns auch ein sehr gutes Beispiel dafür – Stichwort London, wo das Thema Poliovirus ja auch sehr gut nachgewiesen wurde –, dass wir mit diesem Element, was wir jetzt flächendeckend testen, anhand dieser Pandemie, für Influenzawellen oder ähnliche Viruserkrankungen gerüstet sein könnten. Deshalb bin ich froh, für dieses halbe Jahr die Finanzierung zu haben und dann werden wir die gemeinsamen Ergebnisse bewerten.“
Bisher gab es landesweit nur Modellprojekte für ein Abwasser-Monitoring. Es soll laut der Landesregierung zwar nur als weiterer Baustein zur Bewertung der Pandemielage dienen, sei aber deutlich günstiger und zuverlässiger als Corona-Schnelltests. So könne man schnell reagieren, falls die Infektionszahlen wieder stark ansteigen.