Was Mediziner von Fischen lernen können

Nachwachsende Gliedmaßen – was für uns Menschen unmöglich erscheint, ist für manche Tiere ganz normal. Während der menschliche Organismus höchstens Wunden schließen und eine Narbe bilden kann, können einige Tiere Gewebe vollständig regenerieren und zum Beispiel eine Querschnittslähmung heilen. Doch wie machen sie das? Und können wir uns von ihnen etwas abschauen? Das versuchen gerade Forscher des Max-Planck-Instituts und der Universität Gießen herauszufinden.

Diese kleinen Fische könnten die Medizin revolutionieren. Zebrabärblinge sind wahre Alleskönner, was die körpereigene Regeneration angeht. Verlieren sie eine Flosse, wächst diese einfach wieder nach.
Sven Reischauer und sein Team erforschen die Fische an der Universität Gießen und dem Max-Planck-Institut Bad Nauheim. Sie wollen herausfinden, was die Tiere anders machen als wir Menschen und welche Gene daran beteiligt sind.
Dr. Sven Reischauer, Entwicklungsbiologe Universität Gießen
„Säugetiere, zu denen wir ja selber auch zählen, können keine Gewebe regenerieren, das heißt, nur wenige Gewebe sagen wir mal. Das heißt, dass ist in der Evolution erst mal verloren gegangen. Und die Frage ist, warum ist das verloren gegangen? Wir untersuchen eben, was verloren gegangen ist und das Ziel unserer Forschung ist natürlich, die Regenerationsfähigkeit in Säugetieren wiederherzustellen.“
Besonders interessant für die Forscher: Zebrafische bilden bei der Heilung keine Narben. Diese führen zu Verhärtungen im Gewebe, wodurch zum Beispiel das menschliche Herz nach einem Infarkt nicht mehr so gut arbeiten kann.
Dr. Sven Reischauer, Entwicklungsbiologe Universität Gießen
„Unsere Arbeit untersucht, welche Möglichkeiten darin bestehen, nach einem Herzinfarkt beispielsweise das Herz, den verlorenen Herzmuskel oder den beschädigten Herzmuskel wieder zu regenerieren.“
Bei den Untersuchungen ist das Team auf ein spezielles Protein gestoßen, das die Narbenbildung bei Zebrafischen verhindert. In einem Experiment schalteten die Forscher das Gen aus, das für das Protein verantwortlich ist. Und siehe da: Die Fische bildeten eine Narbe. Dieses Schlüsselprotein gibt es auch bei Menschen. Doch bei uns hat es keine regenerative Funktion.
Dr. Sven Reischauer, Entwicklungsbiologe Universität Gießen
„Also, Sie müssen sich das so vorstellen, dass diese Signale so ablaufen, wie in einer Kette. Also ein Protein aktiviert das nächste Protein, aktiviert das nächste Protein. Und irgendwo in dieser Signalkaskade gibt es Unterschiede zwischen Zebrafischen, die regenerieren können und Säugetieren, die nicht regenerieren können. Und wir wandern jetzt quasi im Experiment diese Signalkette runter, um die Unterschiede zu finden, diese dann zu modulieren und dadurch eben regenerative Prozesse auch wieder in Säugetieren zu aktivieren.“
Daraus könnten die Forscher dann Therapien entwickeln, die eine Narbenbildung bei Menschen verhindern. Dass wir eines Tages ganze Gliedmaßen nachwachsen lassen können, davon ist die Wissenschaft aber noch weit entfernt.