Verbrennungsmotor im Automobilbau adé?

Um den Ausstoß von klimaschädlichem CO-2 zu verringern und den weltweiten Temperatur-Anstieg zu begrenzen, hat das EU-Parlament beschlossen, den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 zu verbieten. Das bedeutet, dass zum Beispiel bei Opel in Rüsselsheim spätestens dann keine Fahrzeuge mit Benzin- oder Dieselmotor mehr produziert werden. Die Zukunft soll ganz dem Elektroauto gehören. Doch gegen diese Entscheidung regt sich immer mehr Widerstand, auch von Wissenschaftlern.

Eva Dieterle, Moderatorin: Einer von Ihnen ist Christian Rieck, Professor an der „Frankfurt University of Applied Sciences“. Guten Tag, Herr Rieck.
Prof. Christian Rieck, Frankfurt University of Applied Sciences: Ja. Guten Tag, ich freue mich auf das Interview.
Dieterle: Sie halten das Verbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 für falsch. Warum?
Rieck: Wenn man sich überlegt, wer ist die Richtige dafür vorherzusagen, welche Technologien am Ende gut sein werden, dann glaube ich nicht, dass die Parlamentarier da die richtigen gewesen wären. Also ich denke, man sollte es immer, wie man so schön sagt, ergebnisoffen lassen und es einfach dem Markt überlassen, was sich am Ende durchsetzt. Das ist jetzt ein bisschen so, wie wenn man die CD verboten hätte, damit sich Streaming durchsetzt. Und ich glaube, das ist kein guter Ansatz.
Dieterle: Wie ließe sich denn der CO2-Ausstoß besser verringern?
Rieck: Also fü meine Begriffe ist immer das Beste, wenn man den Markt wirklich arbeiten lässt. Und das ging in dem Fall für meine Begriffe am besten dadurch, dass man von oben her vorgibt, wie viel CO2 insgesamt ausgestoßen werden kann, diese Mengen beispielsweise auch im Laufe der Zeit reduziert und das dann handelbar macht.Das wäre viel eher die Möglichkeit, wie am Ende dann die ganze Kreativität auch von den Ingenieuren und so was freigesetzt wird, damit es eben sich in die richtige Richtung entwickelt.
Dieterle: Als Argument für das Verbot wird angeführt, dass es Innovationen fördern würde. Ist das nicht so?
Rieck: Na ja, dass man durch Verbote Innovationen fördern kann, das ist natürlich zum großen Teil ein Märchen. Die Idee kommt, ich glaube, ist ein ganz kleines bisschen aus dem Formel-Sport wo das ja auch so gemacht wird, dass man bestimmte Sachen einfach begrenzt, zum Beispiel Hubraum begrenzt oder so, und man sich dann anguckt, wie kann man denn in diesem Rahmen irgendwas machen? Und das stimmt natürlich, es fördert dann die Innovation in diesem einen Bereich, Aber wenn Sie einen Zweig komplett abschneiden, dann ist das, glaube ich, keine Möglichkeit, wie man dann wirklich noch, sagen wir mal, das insgesamt beste Verfahren, technisch beste Verfahren finden könnte. Wir gehen im Augenblick mal davon aus, dass Elektromobilität das technisch beste Verfahren ist und es spricht viel dafür. Aber wir können es natürlich für die nächsten Jahrzehnte so überhaupt gar nicht vorhersagen.
Dieterle: Vor dem Verbot haben wir in Deutschland keine breite politische Diskussion zu dem Thema erlebt. Ist das nicht überraschend?
Rieck: Also, mich überrascht es immer wieder, dass es irgendwie immer wieder geschieht, dass sozusagen hinter dem Rücken der eigenen Bevölkerung solche Sachen gemacht werden. Man spricht ja gerne von „Burying“, also dass man andere Themen so weit aufbauscht, dass irgendwelche ganz anderen wichtigen Themen einfach darunter begraben werden. Also, ich finde das keinen tollen Ansatz. Ich finde es auch keinen besonders guten Ansatz, um in die Demokratie sozusagen Vertrauen zu schaffen. Aber es wird in letzter Zeit komischerweise immer öfter so gemacht, ja.
Dieterle: Im Hinblick auf die E-Autos, denen jetzt die Zukunft gehören soll. Kann es da richtig sein, am Ende des Jahres unsere letzten Atomkraftwerke abzuschalten?
Rieck: Na ja, also ich finde das besonders in dieser Kombination geradezu einen Schildbürgerstreich, denn was jetzt passiert, ist, dass wir ungefähr 20% mehr elektrische Energie benötigen auf die Art und Weise. Also gibt es Berechnungen, die das so zum Ergebnis haben. Und das bedeutet, dass wir faktisch die ganzen Elektroautos rein mit Kohlestrom fahren. Also, da gibt es das Marginalprinzip, was ich hier nicht beschreiben möchte, aber das ist ein wirtschaftswissenschaftliches Prinzip und das sagt ziemlich klar, dass wir jetzt in Elektroautos 100% Kohlestrom zuordnen müssen und ob das jetzt so besonders umweltfreundlich ist, möchte ich mal dahingestellt sein lassen.
Dieterle: Herr Prof. Rieck, vielen Dank für Ihre Einschätzungen, danke für das Interview.
Rieck: Ich danke Ihnen.