Urteil wegen Mordes an vierjährigem Jungen

Vor 34 Jahren soll eine Sekte in Hanau einen 4-jährigen Jungen in einen Sack gesteckt haben, in dem dieser erstickte. Das Landgericht Hanau verurteilte die Sektenchefin wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe. Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf. Der Prozess muss wiederholt werden. Die Staatsanwaltschaft klagte aber auch die Mutter des Jungen an, auch sie müsse wegen des gemeinschaftlichen Mordes lebenslang hinter Gitter. Heute hat das Landgericht Hanau das mit Spannung erwartete Urteil verkündet.

 

Eva Dieterle, Moderatorin: Und vor Ort ist jetzt mein Kollege Michael Heide. Michael, welches Urteil ist gefallen?
Michael Heide, Reporter: Das Gericht hat die Angeklagte hier gerade etwas überraschend freigesprochen. Claudia H., die mehr als anderthalb Jahre in Untersuchungshaft verbracht hat, hat das Gericht gerade als freie Frau verlassen.
Eva Dieterle: Wir haben die Richter das Urteil begründet?
Michael Heide: Im Prinzip nach zwei Grundsätzen.  Erstens „in dubio pro reo“, also im Zweifel für den Angeklagten, in diesem Fall die Angeklagte. Und: Freispruch aus Mangel an Beweisen. Mehr als 34 Jahre nach der Tat oder den Vorgängen könne man heute einfach nicht mehr zweifelsfrei rekonstruieren, was damals passiert ist. Zumal es auch widersprüchliche Zeugenaussagen gegeben habe. Und der ganze Prozess sei voll gewesen von Vermutungen. Aber es habe nur wenig Handfestes gegeben und zudem wisse man noch nicht einmal, wie das Kind ums Leben gekommen ist. Deshalb sei es auch völlig müßig, über mögliche Tatmotive zu spekulieren. Die Staatsanwaltschaft, die hatte lebenslange Haft wegen gemeinschaftlichen Mordes gefordert und ist dementsprechend jetzt unzufrieden, hat bereits angekündigt, das Urteil noch einmal zu prüfen.
Eva Dieterle: Aktuelle Infos aus Hanau. Michael, vielen Dank dafür!