Urteil im El-Ghazi-Prozess

Im vergangenen November hat Mainz 05 seinem Spieler Anwar El Ghazi fristlos gekündigt. Die Begründung: Der Niederländer mit marokkanischen Wurzeln habe israelfeindliche Posts in den sozialen Medien verbreitet. Es folgte ein Rechtsstreit. Der Spieler klagte gegen die Kündigung, Mainz 05 verklagte El Ghazi wegen Rufschädigung. Sie merken, es wird kompliziert. Heute ist vor dem Mainzer Arbeitsgericht ein Urteil gefallen.

Sieg für Anwar El Ghazi. Das Mainzer Arbeitsgericht hebt die fristlose Kündigung des Fußballprofis durch seinen Verein Mainz 05 heute auf. Mainz muss El Ghazi also weiterbeschäftigen. Dem Spieler stehen darüber hinaus sein Gehalt von monatlich 150.000 Euro brutto plus Bonuszahlungen für die abgelaufene Saison zu.
Alexander Bergweiler, Anwalt Anwar El Ghazi: „Auf jeden Fall sind wir sehr erleichtert. Insbesondere hing ja noch das Damoklesschwert der Vertragsstrafe über uns und der Rückzahlung des Bonuses. Und da hat das Gericht ganz klar gesagt, das gibt die vertragliche Klausel nicht her. Insofern: Erleichterung steht sehr gerne. Und die ersten Worte von Anwar sagen: Er packt seine Fußballschuhe und freut sich, wieder Fußball zu spielen.“
Ausgangspunkt des Streits zwischen Mainz und dem Stürmer waren Social-Media-Beiträge El Ghazis. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober hatte der Spieler in einem später gelöschten Post geschrieben: „Vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein.“ Gemeint ist, dass sich Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer ausdehnen solle. Israel wird damit gewissermaßen das Existenzrecht abgesprochen. Nach einer kurzzeitigen Suspendierung teilt Mainz 05 mit, El Ghazi distanziere sich von den Äußerungen, verurteile den Terror der Hamas und kehre deshalb auch in den Kader zurück. Doch der Niederländer dementiert zwei Tage später: „Ich bereue meinen Standpunkt in keiner Weise. Ich distanziere mich nicht von dem, was ich gesagt habe.“
Das Chaos ist perfekt. Mainz 05 reagiert und kündigt El Ghazi nach diesem Beitrag fristlos. Doch der Bundesligist muss heute vor Gericht eine Niederlage einstecken.
Johan-Michel Menke, Anwalt 1. FSV Mainz 05: „Wir haben immer gesagt, dass aus unserer Sicht diese Aussagen menschenverachtend sind und nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Es ist eine Auslegungsfrage, die möglicherweise die zweite Instanz dann anders bewertet. Für den Moment werden wir das aber einer finalen Prüfung anheimstellen, die wir natürlich vornehmen müssen.“
Möglicherweise gehen die Mainzer also in Berufung. Beide Parteien streiten vor Gericht übrigens nicht wegen El Ghazis ursprünglichem Beitrag „From the river to the sea“, sondern lediglich über den letzten Post, in dem er seinen Arbeitgeber der Lüge bezichtigt.
Alexander Bergweiler, Anwalt Anwar El Ghazi: „Und der hat einen anderen Inhalt als der erste Post und der ist nicht mehr gegenständlich, weil die 14-Tages-Frist abgelaufen war.“
Das Gericht hält El Ghazis letzten Beitrag als von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der Stürmer zählt nun zwar offiziell wieder zum Kader des Bundesligisten. Allerdings hat der Verein immer wieder klargemacht, den Spieler gerne an einen anderen Verein abgeben zu wollen – und damit ein unrühmliches Kapital abzuschließen.