Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe hört weitere Zeugen

Ein Ende der Ermittlungen zur Flutkatastrophe vor anderthalb Jahren an der Ahr ist nicht in Sicht. Das hat heute der Generalstaatsanwalt im Flut-Untersuchungsausschuss des Landtags ausgesagt. Nach vier Wochen Winterpause hat der Ausschuss heute wieder getagt. Dabei ging es auch weiterhin um die Frage, welche Versäumnisse es bei der Flutkatastrophe gab und wer dafür verantwortlich ist.

Immer wieder geht es dabei um den ehemaligen Landrat des Kreises Ahrweiler. Die Staatsanwaltschaft in Koblenz ermittelt gegen Jürgen Pföhler wegen seiner angeblichen Untätigkeit in der Flutnacht. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung durch Unterlassung. Pföhler selbst hatte vor dem Untersuchungsausschuss die Aussage verweigert. Die Ermittlungen gegen den ehemaligen Landrat dauern an, so berichtet es heute der Generalstaatsanwalt vor dem Ausschuss.
Bislang keinen Anfangsverdacht sieht die Staatsanwaltschaft dagegen im Fall Thomas Linnertz, Chef der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, kurz ADD. Ihm werfen viele vor, er hätte in der Flutnacht die Einsatzleitung an sich ziehen müssen.
Harald Kruse, Generalstaatsanwalt Koblenz
„In rechtlicher Hinsicht ist es für die Prüfung eines Anfangsverdachts nicht nur von Bedeutung ob jemand etwas hätte tun müssen, sondern es ist auch von Bedeutung ob jemand gewusst hat oder hätte wissen müssen, dass er etwas tun muss.“
Unklar sei, ob und wenn ja, wann Linnertz in der unübersichtlichen Lage gewusst habe, dass er die Einsatzleitung übernehmen muss. Außerdem ist für die Staatsanwaltschaft entscheidend, ob die Maßnahmen, die die ADD noch hätte einleiten können, zu fortgeschrittener Stunde überhaupt noch etwas bewirkt hätten.
Fragt man Nico Steinbach, Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss, ist die Antwort eindeutig.
Nico Steinbach, SPD, Obmann im Flutausschuss
„Wenn man sich vorstellt, dass die Lage erst spät in der Nacht teilweise auch übermittelt wurde, teilweise auch erst in den frühen Morgenstunden, war mit ziemlicher Sicherheit in unserer Bewertung in den Nachtstunden leider, aufgrund der fehlenden Flugmöglichkeiten, keine Menschenrettung möglich.“
Aus Sicht der SPD hätte die ADD also nichts mehr an der Katastrophe ändern können, selbst wenn sie die Leitung übernommen hätte. Die CDU wiederspricht.
Dirk Herber, CDU, Obmann im Flutausschuss:
„Was hätte die ADD denn noch tun können? Wir haben an der Stelle dann darauf hingewiesen, zum Beispiel auf ein Erstsenderecht, was hätte gezogen werden können, also das Unterbrechen aller Radio-, aller Fernsehprogramme in dem die Leute hätten gewarnt werden können. Ich denke, die Staatsanwaltschaft hat es so zur Kenntnis genommen und wird es in ihre Bewertung einfließen lassen.“
Die Ermittlungen befassen sich auch weiterhin mit dem Fall der zwölf ertrunkenen Bewohner einer Einrichtung der Lebenshilfe in Sinzig. Hier geht es um die Frage, ob die Nachtwache im Gebäude früher damit hätte beginnen müssen, die Bewohner zu evakuieren. Ein Feuerwehrmann hatte ausgesagt, bereits gegen elf Uhr eindringlich gewarnt zu haben, der Nachtwächter sprach von einer unkonkreten Warnung. Es gäbe momentan keine hinreichenden Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen, so der Generalstaatsanwalt heute, es werde aber weiter mit Hochdruck an allen Fällen gearbeitet.
Wann mit dem Ende der Ermittlungen zu rechnen ist, könne er nicht sagen. Das Verfahren sei „strafrechtlich alles andere als trivial.“