Untersuchungsausschuss zur Flut-Katastrophe: Wer wurde wann gewarnt?

Im Untersuchungs-Ausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags zur Flut-Katastrophe im vergangenen Juli hat heute die damalige Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand, ausgesagt. Sie hatte vor und während der Flut mehrfach vergeblich versucht, mit dem damaligen Landrat Jürgen Pföhler in Kontakt zu treten. Die Vorwürfe gegen Pföhler, gegen den mittlerweile die Staatsanwaltschaft ermittelt, haben sich nach dem heutigen Tag verstärkt.

Nicht zuletzt nach den Aussagen seiner Nachfolgerin: Cornelia Weigand, mittlerweile selbst Landrätin des Kreises Ahrweiler, berichtet dem U-Ausschuss heute, dass sie schon am Nachmittag des 14. Juli im Landratsamt gebeten hatte, den Katastrophenfall auszulösen. Weigand lag zu diesem Zeitpunkt eine Pegelprognose von 5 Meter 50 vor, das wäre fast zwei Meter über dem bisherigen Rekord-Hoch gewesen – ein nicht vorstellbares Ausmaß, so die damalige Bürgermeisterin von Altenahr.
Cornelia Weigand (parteilos), Landrätin Kreis Ahrweiler: „Das, was dann da passiert, kannte keiner, hat auch dann keine Vorstellung mehr hervorgerufen. Weil dazu gibt es auch keinen optischen Vergleich und das kann man sich… 20 Zentimeter obendrauf könnte man sich ja vorstellen, aber nicht zwei Meter.“
Vom Landratsamt erhielt Weigand die Nachricht, dass es noch mehr Informationen brauche, ehe der Katastrophenfall ausgerufen werde. Erst um 23:15 Uhr, rund sieben Stunden nach Weigands erstem Anruf, hat der Krisenstab den Katastrophenfall ausgelöst. Den damaligen Landrat Jürgen Pföhler habe sie erst danach zum ersten Mal telefonisch erreicht, so Weigand.
Cornelia Weigand (parteilos), Landrätin Kreis Ahrweiler: „Er hat erstmal geschildert, dass er selber ja auch sein Haus fluchtartig verlassen musste, dass die auch entsprechend betroffen waren und ich meine mich dann erinnern zu können, dass ich ihn dann irgendwann unterbrochen habe, um ihm zu schildern, wie die aktuelle Situation in Altenahr ist.“
134 Menschen sterben in der Flutnacht an der Ahr, womöglich, weil viele von ihnen nicht rechtzeitig gewarnt wurden. Pföhler, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt, soll Anfang Juli gegen seinen Willen vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen. Das hat der Ausschuss heute nochmal bekräftigt, obwohl Pföhler angekündigt hatte, die Aussage verweigern zu wollen.
Martin Haller (SPD), Vorsitzender Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe: „Es gibt auch Fragestellungen, die zulässig sind, auch wenn ein Zeugnisverweigerungsrecht möglicherweise vorhanden ist. Insofern ist natürlich auch eine Zeugnisverweigerung vor Ort hier durchzuführen.“
Einzige Anlaufstelle des Landes in der Flutnacht sei laut Weigand das Landesamt für Umwelt gewesen. Nachdem sie dort berichtet hatte, dass der Pegel der Ahr 2 Meter pro Stunde steige und Autos durch die Orte schwimmen, habe die für Hochwasser zuständige Behörde das Umweltministerium verständigt. Aus Sicht von CDU-Obmann Dirk Herber verdeutlichen die Aussagen Weigands, wie sehr die Verantwortlichen vor Ort alleine gelassen wurden.
Dirk Herber (CDU), Obmann Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe: „Der Landrat war nicht zur Verfügung, das Land stand erst auf Initiative der Bürgermeisterin, der damaligen Bürgermeisterin zu Gesprächen bereit und von der ADD war weit und breit nichts zu sehen oder zu hören.“
Die Freien Wähler fordern nach Weigands Aussage erneut den Staatssekretär des Umweltministeriums Erwin Manz zum Rücktritt auf, da er notwendige Informationen nicht zielgerichtet weitergegeben habe. Was von Cornelia Weigands Aussagen hängen bleibt, ist auch das unvorstellbare Ausmaß der Flutkatastrophe. Denn auch die Pegelstand-Prognose, die sie am Nachmittag erhalten hat, 5 Meter 50, war nicht korrekt. Der Pegel an der Ahr stieg in der Nacht auf schätzungsweise über 10 Meter.