Ukrainisches Apotheker-Diplom wird nicht anerkannt

Die Apotheke um die Ecke, die gibt es leider immer seltener. Nur 22 Apotheken kommen in Deutschland auf 100.000 Einwohner, damit stehen wir im Europa-Vergleich nicht gut da. Ein Hauptgrund für den Apotheken-Mangel ist nicht zuletzt der ebenfalls nicht neue Apotheker-Mangel. Khrystyna Nardit hat in ihrer Heimat Ukraine Apothekerin gelernt. Ihre Flucht hat sie ins mittelhessische Alsfeld geführt. Dort würde sie zur Freude ihrer neuen Kolleginnen gern wieder als Apothekerin arbeiten. Doch das ist leider nicht so einfach.

Apotheken-Chefin Stefanie Schön erklärt ihrer ukrainischen Angestellten das Sortiment. Für Khrystyna ist nur neu was draufsteht, nicht aber was drin ist. Denn die 22-Jährige ist ebenfalls gelernte Apothekerin. In Alsfeld muss sie nun aber wieder fast von null anfangen. Aus ihrer Heimatstadt Charkiw mussten Khrystyna und ihre Eltern fliehen. Aktuell arbeitet sie unter ihrem Können, sagt die Chefin.
Stefanie Schön, Apothekerin in Alsfeld
„Sie könnte ganz normal – wie ich ist sie auch Apothekerin – ganz normal die Kunden beraten im Verkaufsgespräch, Rezepte beliefern usw. und das darf sie halt momentan nicht, also sie darf nicht in den Kundenkontakt. Zum einen weil sie nicht Deutsch spricht und zum andere weil der Abschluss nicht anerkannt ist.
Die Anerkennung ist das eine, die Sprache das andere Problem.
Khrystyna Nardid, Apothekerin aus der Ukraine
„Ich kann kein Deutsch sprechen (lacht). Das ist das Hauptproblem. Es gibt sehr viele Medikamente, die hier anders genannt werden. Die Wirkstoffe sind dieselben aber ich muss die genauen Namen der deutschen Medikamente kennen.
Es fehlen nicht nur Plätze und Lehrer, bis Khrystyna auf Muttersprachniveau kommt und die Apothekerprüfung neu machen kann, dauert es im Normalfall etwa zweieinhalb Jahre.
Stefanie Schön, Apothekerin in Alsfeld
„Aber so lang kann ich halt nicht warten, weil wir haben extrem Apothekermangel und ich war super happy, dass ich sie kriegen konnte.“
Khrystyna und ihre Chefin sind nicht allein. Arbeitsmarktexperten schätzen, dass mehr als 90 Prozent der geflüchteten Ukrainer nicht oder kaum Deutsch sprechen.
Die Menschen schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wie von der Politik angekündigt, bleibt Wunschdenken.
Nina Birnbaum, freiwillige Helferin
„Die Sprachkurse, an denen hapert es halt. Die sind überfüllt und gut, durch das kleine Alsfeld sind nicht so viele Dozenten da, die Kurse geben können, und das ist eigentlich das Hauptproblem.“
Ein bisschen Übersetzungshilfe und ein freundliches „Previt“ – also „Hallo“ auf Ukrainisch -, wenigstens damit kann Khrystyna aktuell den Kunden aus ihrer Heimat ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Khrystyna Nardid, Apothekerin aus der Ukraine
„Die Arbeit hier ist wichtig für mich, ich habe nicht viele andere Möglichkeiten. Der Kontakt mit ukrainischen Kunden ist meine Chance, meinem Land von hier aus zu helfen. Ich kann sie unterstützen, die gleiche Medizin wie zuhause in der Ukraine zu finden.“
Die Apotheke sammelt nun Spenden, um für Khrystyna einen eigenen Sprachlehrer zu suchen und die Anerkennung als Apothekerin vielleicht zu beschleunigen.