Streit um Verlauf von Stromstrasse

Der Rhein-Main-Link – eine rund 600 Kilometer lange, unterirdische Strom-Trasse, die erneuerbare Energie aus Nord-Deutschland in die Industriezentren in Südhessen bringen soll. Ein Milliardenprojekt, um die Energiewende in Deutschland voranzutreiben. Im hessischen Hochheim regt sich dagegen jedoch schon länger Widerstand, denn die ursprünglich geplante Trasse sollte mitten durch das Wahrzeichen vor den Toren der Stadt führen – durch die Hochheimer Weinberge. Jetzt zeichnet sich ab, dass sich die intensiven Bemühungen der Winzer auszahlen könnten.

Ungefähr so hätte sie ausgesehen, die Trasse, die noch im Sommer als wahrscheinlich galt: ein vierzig Meter breiter Graben, quer durch den Weinberg. Doch die aktuell eingezeichneten Stellen für die geplanten Probebohrungen beweisen: konstruktiver Widerstand und ganz viel Dialog in Hochheim haben gewirkt. Auf Nachfrage bestätigen uns die Bundesnetzagentur und der Bauträger, dass nun zuerst einmal nur die von den Winzern präferierte Variante der Stromtrasse – hier in Lila dargestellt – erkundet werden soll, anstatt alle möglichen Strecken gleichzeitig zu erproben.
Dirk Westedt (FDP), Bürgermeister Hochheim am Main
„Was für Hochheim mit mehreren Varianten in der Trassenführung eine Unmenge an Bohrpunkten –ich glaube, es wären insgesamt 250 auf dem Stadtgebiet gewesen – bedeutet hätte, das war für alle, vor allem für die Winzer, etwas, was wir so nicht wollten, weil wir gesagt haben: Wenn wir doch eine Vorzugsvariante finden, mit der alle einverstanden sind, warum machen wir nicht die Erkundung da zuerst und stellen alles andere da zurück?“
Eine Lösung, die weniger Landverluste für die Winzer bedeutet. Denn jeder Hektar, der dem Weinbau verloren geht, kostet den Besitzer rund 100.000 Euro, rechnet Winzer Simon Schreiber vor.
Simon Schreiber, Winzer in Hochheim am Main
„Also bei der jetzigen Lösung haben wir meines Wissens nach 17 Probebohrungen. Davon wird der Großteil auf den Weinbergswegen stattfinden. Das heißt, glücklicherweise finden da fast keine Eingriffe in den Weinberg statt. An zwei, drei Punkten muss man dennoch in den Weinberg rein, um da mit dem schweren Gerät Baugrunduntersuchungen machen zu können. Dafür müssen leider Weinberge gerodet werden, aber im Vergleich zu dem, was ursprünglich mal geplant war, ist es dann doch – ich sag‘ jetzt mal – eine erträgliche Lösung.“
Der neue Plan sieht vor, dass die Leitungen in Tiefen von bis zu 20 Metern vergraben werden sollen, damit die Wurzeln der Reben nicht beschädigt werden. Ein teures Unterfangen, das dem Kreisvorsitzenden der CDU und Landtagsabgeordneten für den Main-Taunus Kreis Axel Wintermeyer ein Dorn im Auge ist. Er hätte den Strom lieber über statt unter der Erde.
Axel Wintermeyer (CDU), Kreisvorsitzender Main-Taunus:
„Ich fordere allerdings für die Zukunft, über die Erdverkabelung nachzudenken, die unglaublich teuer ist, und eher mit Freileitungen zu arbeiten. Das würde sehr, sehr viel Umwelt schonen und vor allem auch den Geldbeutel der Verbraucher.“
Doch ein Bundesgesetz schreibt seit 2015 vor, dass eine Verkabelung unter der Erde stets Vorrang hat. Außerdem würde eine Planänderung so spät im Prozess viel Geld und Zeit kosten, sagt die Bundesnetzagentur.
Fiete Wulff, Pressesprecher Bundesnetzagentur
„Würde man es aber tun, würde man es diskutieren, dann müsste einem klar sein, dass man die Umsetzung des Projektes, die Umsetzung des Rhein-Main-Links mit allen Folgen für die Energiewende und die Kosten für die Stromversorgung in Deutschland, dass sich diese Umsetzung deutlich verzögern würde und wir auch erhebliche, zusätzliche Planungskosten hätten, die getragen werden müssen.“
Doch der letzte Kampf um die Mega-Trasse in Hessen ist damit sicher noch nicht gekämpft, denn auch an anderen Stellen der 600 Kilometer langen Strecke gibt es Widerstand.
Für die Hochheimer Winzer zumindest bahnt sich im Wirbel um den Rhein-Main-Link allerdings ein Happy End an.