Streit um queere Weinkampagne

Queer – das ist ein Sammelbegriff für all diejenigen Menschen, die nicht heterosexuell sind. Laut Umfragen trifft das in Deutschland auf mehr als sieben Prozent in der Bevölkerung zu. Das entspricht rund 6 Millionen Menschen, die zwar überall in der Gesellschaft vertreten, aber nicht überall auch sichtbar sind. Die Rheinland-Pfälzische Landesregierung wollte deshalb jetzt ein besonderes Augenmerk auf die queeren Weinerzeuger im Land werfen und hat dabei mehr Gegenwind bekommen als erwartet.

11 Hektar Reben bewirtschaftet das Weingut Boudier Koeller im Rheinland-Pfälzischen Stetten. Hier werden Weißweine und Rosé erzeugt, es gibt eine Gastronomie und Platz für Hochzeiten und andere Veranstaltungen. Robert Boudier und Elmar Koeller betreiben das Weingut seit mehr als zehn Jahren und machen kein Geheimnis daraus, dass sie schwul sind. Eigentlich sollte das im Jahr 2022 selbstverständlich sein, aber:
Elmar Köller, Winzer
„Die Weinwelt ist sehr, sehr konservativ. Das liegt natürlich an diesen Mehrgenerationen-Modellen, die ja Geschäftsprinzip vieler Weingüter sind und insoweit haben natürlich auch viele Weingüter oder Weinmacher Angst, queer zu erscheinen. Das haben wir nicht. Wir haben das vor fast zwölf Jahren gestartet. Bei uns war jedermann klar, dass wir schwul sind.“
Zwei ihrer Weine haben die Winzer jetzt nach Mainz geschickt, denn da hat David Profit, der Landesbeauftragte für gleichgeschlechtliche Lebensweisen der Landesregierung die Initiative „QueerWein Rheinland-Pfalz“ gestartet.
David Profit, B90/Grüne, Staatssekretär im Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration
„Bei repräsentativen Anlässen verschenke ich Wein und die Weine, die ich aussuche, die erzählen alle eine Geschichte. Und mir ist aufgefallen, dass ich keinen Wein bislang verschenkt habe, von queeren Winzerinnen oder Winzern, also von schwulen oder lesbischen oder transidenten Winzerinnen und Winzern, und das wollte ich ändern.“
Dafür können alle queeren Winzer des Landes ihre Weine einschicken. Das Ministerium will sich dann für einen der Bewerber entscheiden und 500 Flaschen ankaufen. Eine eigentlich kleine Initiative, die dennoch eine große Resonanz hervorrief, denn neben unzähligen Spott- und Hasskommentaren auf einschlägigen rechten Websites und in den sozialen Netzwerken meldete sich auch die politische Opposition zu Wort.
„Unsere Winzer an der Ahr treibt ganz anderes um: Keller sind komplett weggespült worden von der Flut, ganze Ernten verloren gegangen. Da steht die sexuelle Identität nicht im Vordergrund. Im Übrigen hat auch die Güte eines Weines damit nichts zu tun.“
– Julia Klöckner, Landesvorsitzende CDU Rheinland-Pfalz
David Profit, B90/Grüne, Staatssekretär im Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration
„Ich habe mich über den Kritikpunkt total gewundert, weil es überhaupt nicht meine Absicht ist, das miteinander zu verknüpfen. Das sind zwei völlig unterschiedliche Baustellen. Die Qualität von Wein muss sehr gut sein und dafür stehen auch rheinland-pfälzische Weine. Was ich machen möchte, ist nicht die Sexualität damit zu verknüpfen, das haben manche der Hasskommentare gemacht, sondern die Geschichten zu erzählen die hinter dem Wein stehen.“
Auch Boudier und Köller erhalten immer wieder Hassnachrichten wegen ihrer sexuellen Orientierung. Trotzdem wünschen sie sich, dass sich noch mehr queere Weinerzeuger aus der Deckung trauen, damit die Vielfalt in der Weinwelt endlich sichtbarer wird, vielleicht auch durch Initiativen wie den „QueerWein Rheinland-Pfalz“.
Elmar Köller, Winzer
„Warum soll man es nicht darstellen, dass es Weingüter gibt, mit queeren Besitzern oder mit Kellermeistern oder Kellermeisterinnen, die das sind. Das gehört einfach mit dazu.“
Bislang haben sich zehn Weingüter mit ihren Weinen an der Initiative beteiligt. Die ausgewählten Weine sollen dann am 18. März vorgestellt werden.