Streit über Balkonkraftwerke an Mietwohnungen
Deutschland will als eine der ersten Industrienationen bis 2045 klimaneutral werden. Der Strom muss dafür weitgehend aus Sonnen- und Windenergie gewonnen werden. Und dabei kann auch jeder Bürger mithelfen: mit Balkonkraftwerken – also mit kleinen Photovoltaikanlagen. Doch auch hier klemmt die Energiewende, denn viele Wohnungsbauunternehmen stellen sich bei Balkonkraftwerken quer – auch die Wohnbau in Mainz, die rund 11.000 Wohnungen vermietet.
So könnte es aussehen, das eigene Balkonkraftwerk bei Familie Hering in Mainz – könnte, denn die Installation hat ihr Vermieter, die Mainzer Wohnbau, untersagt. Und das, obwohl gerade ein neues Gesetz in Kraft getreten ist. Dort heißt es, dass jeder Mieter grundsätzlich Anspruch auf ein Balkonkraftwerk hat und nicht durch überzogene Forderungen des Vermieters von der Anbringung abgehalten werden darf.
Doch genau das passiere bei den interessierten Mietern der Mainzer Wohnbau, bemängeln Michael und Valentina Hering.
Michael & Valentina Hering, wollen ein Balkonkraftwerk installieren
„Sie fordert von uns, dass ein Handwerksbetrieb die Anlage errichtet und das widerspricht unseres Erachtens dem Willen der Politik. Im Solarpaket 1 hat die Politik schon festgehalten, dass die Installation unbürokratisch erfolgen soll und das widerspricht unseres Erachtens komplett dem, was wir jetzt hier an Anforderungskatalogen erhalten haben, von der Wohnbau.“
Außerdem wird der Einbau einer speziellen Einspeisesteckdose nach der Norm des Elektrotechnikverbands VDE gefordert. Kosten, die das Balkonkraftwerk für die Herings unrentabel machen. Von den 23 vorliegenden Anträgen von Mietern wurde bislang kein einziger genehmigt.
Vor unserer Kamera will sich die Mainzer Wohnbau nicht äußern. Schriftlich teilt man uns mit:
Pressestelle Wohnbau Mainz
„Die von uns vorgegebenen Anforderungen sind nicht zu weitreichend und dienen nur der Einhaltung dieser rechtlichen und technischen Vorgaben, um eine ordnungsgemäße Installation zu gewährleisten. … [Die] Normen definieren den Stand der Technik in diesem Bereich und tragen zur Gefahrenabwehr bei.“
Solche hohen Anforderungen sind unzulässig, da ist sich die Verbraucherzentrale in Rheinland-Pfalz sicher. Die Wohnbau wolle die Installation von Balkonkraftwerken für ihre Mieter unattraktiv machen.
Fabian Fehrenbach, Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
„VDE-Normen sagen, wie man es machen sollte. VDE-Normen sind keine Gesetze. Sie können weder etwas verbieten noch etwas gebieten. Das heißt, wenn ich jetzt einfach meine Anlage mit einem ganz normalen Schuko-Stecker einstecke, verstoße ich gegen kein Gesetz. Uns ist kein Fall bekannt, wo irgendwas passiert ist. Weder ein Haus ist abgebrannt noch jemand hat so eine Platte auf den Kopf bekommen. Das ist wirklich Panikmache. Also das ist Schikane.“
So fordert die Verbraucherzentrale, eine Nachschärfung des Solargesetzes durch den Bund. Dort müsse drinstehen, was genau der Vermieter vorgeben darf.
Die Solarmodule der Herings verstauben indes weiter.
Michael & Valentina Hering, Mieter Wohnbau Mainz
„Es wär halt die Hoffnung, dass vielleicht die Anforderungen doch noch mal so weit sinken, dass es sich für uns lohnt, das aufzuhängen nach den Anforderungen. Wenn das weiterhin so kostspielig bleibt und so kompliziert, dann bleibt uns am Ende nur die Klage.“