Streik – Apotheken bleiben zu

Wenn Sie heute in Hessen oder Rheinland-Pfalz zur Apotheke wollten, standen Sie dort wahrscheinlich vor verschlossenen Türen: Aus Protest gegen die Reformpläne der Bundesregierung blieben die meisten Apotheken heute zu. Vor allem der Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, künftig auch sogenannte „Apotheken light“ zuzulassen, in denen kein Apotheker mehr anwesend sein muss, sorgt bei den Pharmazeuten für heftigen Widerstand.

Holger Seyfarth ist nicht nur Apotheker, sondern auch Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands. Wie alle seine Berufskollegen hat er Pharmazie studiert – er weiß genau, welche Wirkstoffe in welchen Medikamenten enthalten sind und wie sie korrekt angewendet werden. Dass es nach den Reformplänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach künftig auch Apotheken ohne Apotheker geben soll, die dann allerdings beispielsweise keine Betäubungsmittel mehr an die Patienten herausgeben dürfen, hält Seyfarth, gelinde gesagt, für keine gute Idee.
Holger Seyfarth, Apotheker in Frankfurt
„Die Patientinnen und Patienten müssten schauen, in welche Apotheke sie gehen, wo sie welche Leistungen noch bekommen. Und das kann ja nicht das Ziel von so einer Reform sein. Wir haben ein gut funktionierendes System. Die Regierung ist aufgefordert, das zu erhalten und weiterzuentwickeln und nicht zu zerstören.“
Heute und morgen bleibt die Eichwald-Apotheke jedenfalls aus Protest geschlossen – so wie Tausende weitere Apotheken in Hessen und Rheinland-Pfalz.
Auf dem Opernplatz in Frankfurt treffen sich die Apotheker zur zentralen Protestkundgebung. Sollte der Apothekerberuf tatsächlich derart abgewertet werden wie geplant, käme das einem Todesstoß für die ganze Branche gleich, so die einhellige Meinung.
Dr. Katrin Rackelmann-Silber, Apothekerin in Obertshausen
„Arzneimittel sind keine Konsumgüter. Es ist die wundervolle Kunst, mit kleinen Molekülen im Körper Krankheiten gerade zu richten. Das braucht Expertise.“
Frank Anhäuser, Apotheker in Hungen
„Es geht um Beratung. Es geht um das Basiswissen, um Wechselwirkungen. Und das muss auch pharmazeutisches Personal vor Ort haben. Und da braucht’s auch unbedingt Apotheker.“
Nach den Plänen des Bundesgesundheitsministers sollen Apotheker künftig bis zu sechs Filialen gleichzeitig betreiben dürfen – auch mit sehr eingeschränkten Öffnungszeiten und ohne Apotheker vor Ort. Damit will die Regierung unter anderem die Versorgung im ländlichen Raum verbessern. Für die CDU der völlig falsche Weg.
Ines Claus (CDU), Fraktionsvorsitzende Hessen
„Wenn der Apotheker nicht mehr drin ist, ist das so ähnlich, als wäre ne Praxis ohne Arzt da. Und die Apotheker und die Ärzte vor Ort sind einfach so wichtig für die Beratung. Deshalb sind wir gegen diese Pläne.“
Auch bei der FDP kommen Karl Lauterbachs Pläne nicht sonderlich gut an.
Yanki Pürsün, (FDP), Abgeordneter Landtag Hessen
„Die Apotheke light – davon halten wir überhaupt nichts. Und auch bei der Vergütung muss nachgesteuert werden. Und da bauen wir darauf, dass, wenn der Entwurf in den Bundestag kommt, unsere Kollegen den dann korrigieren.“
Die Apotheker sind jedenfalls wild entschlossen, die Reformpläne noch zu verhindern. Auch morgen bleiben die meisten Apotheken in Hessen und Rheinland-Pfalz deshalb aus Protest geschlossen.