Streik an Uniklinik Gießen-Marburg

Vor vier Wochen haben sich das Land Hessen und die „Rhön Klinikum AG“ nach monatelangen Verhandlungen geeinigt, wie es an den privatisierten Universitätskliniken Gießen und Marburg weiter gehen soll: In den kommenden zehn Jahren wollen das Land und der Eigentümer gemeinsam 850 Millionen Euro investieren. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben. Vielen Mitarbeitern geht das jedoch nicht weit genug: Sie fordern mehr Personal und eine deutliche Arbeitsentlastung. Seit Montag wird am UKGM deshalb gestreikt – und zwar unbefristet.

Nichts geht mehr an den Unikliniken in Gießen und Marburg: Mehr als 1.000 nichtärztliche Mitarbeiter befinden sich im Ausstand. Fast alle Operationen und Behandlungstermine wurden abgesagt – lediglich die Notfallversorgung bleibt gewährleistet. Doppelschichten, Überstunden und chronisch unterbesetzte Stationen: Viele Mitarbeiter klagen über immer schwierigere Arbeitsbedingungen am UKGM.
Janik Bohny, Gesundheits- und Krankenpfleger
„Unsere Arbeitsbelastung hat sich vor allem in den letzten zwei Jahren deutlich verschlechtert.“
Chantal Nau, Auszubildende Pflege
„Man hat abends komplett fertig. Man hat quasi noch die Klingel im Ohr wenn man im Bett liegt. Man ist nur am Rumrennen. Examinierte, die komplett fertig sind, die im Ärztezimmer weinen, weil sie nicht mehr können.“
Jana Ochsenwirt, Auszubildende Pflege
„Wir fordern auch Entlastung für unser Personal, dass wir einfach die Pflegequalität hier hochhalten können. Dass wir das beste Outcome für unsere Patienten haben. Dass es den Patienten im Anschluss auch gut geht, wenn sie wieder nach Hause gehen. Und dass sie nicht blutig entlassen werden.“
Regina Matt-Grau, Krankenschwester Psychiatrie
„Ich möchte meinen Beruf, den ich mit Freude gerne auch ausübe, auch noch weiter mit Freude und gesund ausüben. Ich möchte nicht ausgebrannt sein.“
Bereits im Dezember hatte die Gewerkschaft ver.di dem Klinikbetreiber ein Ultimatum gestellt: Sollte es innerhalb von 100 Tagen keinen Entlastungstarifvertrag geben, werde man die Beschäftigten zum Streik aufrufen. Ende letzter Woche ist diese Frist abgelaufen. Deshalb nun der Warnstreik. Dieser werde erst beendet, wenn der Arbeitgeber ein annehmbares Angebot vorlege. Völlig überzogen – findet die Klinikleitung.
Geschäftsführung Universitätsklinikum Gießen und Marburg
„Wir halten den Streik für unnötig, weil es inzwischen konstruktive Verhandlungen gibt, und für unangemessen, weil er die Versorgung der Patientinnen und Patienten hochgradig gefährdet.“
Wer eine ausreichende Patientenversorgung wolle, müsse eben auch für genügend Personal sorgen, sagt dagegen ver.di. In den Verhandlungen sei davon bislang jedoch noch nichts zu spüren. Zudem scheine die Arbeitgeberseite die Macht der Beschäftigten zu unterschätzen.
Saskia Jensch, ver.di Hessen
„Ich glaube, die Macht, die wurde hier heute eindeutig demonstriert. Wir sind mittlerweile im UKGM mit dem Servicebereich mehrheitlich organisiert. Das heißt, die Kolleginnen und Kollegen sind diejenigen, die entscheiden werden, ob dass, was verhandelt wird, angenommen wird oder nicht.“
Morgen und übermorgen kommen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite erneut zu Verhandlungen zusammen. Sollte es dabei wieder zu keinem Ergebnis kommen, stehen die Zeichen am UKGM weiter auf Streik.
Schwierige Zeiten also – vor allem für die Patienten.