Städte- und Gemeindebund unzufrieden mit Ergebnis des Flüchtlingsgipfels

Der Flüchtlingsgipfel in Berlin hat gestern viele enttäuscht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat dort mit Vertretern der Länder und Kommunen eine engere Zusammenarbeit vereinbart. Denn immer mehr Städte und Gemeinden finden nicht mehr genug Wohnraum und Betreuer für die steigende Zahl von Flüchtlingen. Zusätzliche Finanzhilfen des Bundes wird es aber erst einmal nicht geben. Und darüber spricht Eva Dieterle mit David Rauber vom Hessischen Städte und Gemeindebund.

Eva Dieterle, Moderatorin: Guten Abend.
David Rauber, Geschäftsführer Hessischer Städte- und Gemeindebund; Guten Abend.
Dieterle: Sie haben Hilfe vom Bund gefordert, daraufhin kam es gestern zu dem Migrationsgipfel. Wie bewerten Sie das Ergebnis?
Rauber: Der Migrationsgipfel hat all die bestätigt, die sich nicht allzu viel davon erwartet haben. Vor dem Hintergrund, dass es auch wirklich eine große Aufgabe ist. Wir haben 1,3 Millionen Menschen 2022 in Deutschland aufgenommen und da ist klar, dass es eine Vielzahl von Problemen gibt, mit denen die Städte, Gemeinden und Kreise im Moment kämpfen.
Dieterle: Zum einen fordern sie mehr Geld vom Bund. Darüber hinaus wird aber auch ansonsten noch viel benötigt. Was fehlt denn vor Ort am meisten?
Rauber: Unmittelbar natürlich wirklich die Frage “Dach überm Kopf – Wie bringt man so viele Menschen unter?”. Aber natürlich in der Perspektive auch – viele werden ja bleiben dürfen oder auf unabsehbare Zeit bleiben, insbesondere die Menschen aus der Ukraine – wo finden die Menschen Arbeit? Das sollte einigermaßen gelingen, wenn es gelingt, den Menschen auch wirklich Sprachkurse beispielsweise anbieten zu können – da haben wir ein Personalproblem – und natürlich in der Perspektive auch Kitas und Schulen. Und da sind die Plätze dann wirklich knapp.
Dieterle: Jetzt hat der Bund ja bereits Hilfen in Milliardenhöhe bereitgestellt. Muss nicht auch klar sein, dass das nicht unendlich so weitergeführt werden kann?
Rauber: Na ja, alles was Bund und Land nicht finanziell tragen, müssen ja die Kommunen tragen. Also von daher ist es schon wichtig, dass wir hier unterscheiden. Also die Kommunen haben die Hauptlast bei der Aufnahme. Der Bund hat gestern gesagt, dass es 69.000 Unterkunftsplätze bundesweit geben wird. 1,3 Millionen Menschen sind gekommen, den Rest wuppen, grob gesagt, die Städte, Gemeinden und Kreise. Das heißt, wir haben die Hauptlast in der Organisation und beim Personal. Und dann muss wenigstens das passieren, was schnell und wirksam passieren kann, nämlich dass Bund und Land zumindestens vollständig diese Kosten erstatten.
Dieterle: Der Städte- und Gemeindebund hat viele Forderungen an die Politik. Welche Weichen müssen denn aus Ihrer Sicht dringend gestellt werden?
Rauber: Wir haben zunächst mal wirklich die Notwendigkeit, hier wenigstens die finanzielle Zusage zu bekommen, denn die ist schnell umsetzbar. Viele andere Stellschrauben sind halt viel komplizierter. Etwa die Frage “Sicherung der EU-Außengrenzen” hat Deutschland gar nicht alleine in der Hand. Oder auch die Frage der verstärkten Rückführungen. Da hätten wir ja das Thema, machen es die Herkunftsländer eigentlich in dem Maße mit? Das sind alles Dinge, die Gegenstand des EU Gipfels waren. Und beim Geld haben wir tatsächlich eine Stellschraube, die schnell gedreht werden kann. Andere Themen betreffen dann das Bauplanungsrecht, also wo kann man kurzfristig zusätzliche Unterkünfte zum Beispiel in Gewerbegebieten schaffen? Oder auch die Frage, wie kann man einfacher Wohnbauland ausreichend ausweisen oder auch billiger bauen? Das sind alles Themen, die dann eher so die mittlere Frist betreffen, aber die alle gleichzeitig auch angegangen werden müssen.
Dieterle: Da gibt es also noch viel zu tun. Herr Rauber, vielen Dank für das Interview.
Rauber: Gerne.