Städte fürchten Energieknappheit

In den eigenen vier Wänden, auf der Arbeit, in der Uni oder im Schwimmbad – überall wird gerade versucht Energie zu sparen. Eine Tugend war Sparen schon immer, sagt zumindest ein Sprichwort. Energiesparen ist seit diesem Jahr aber sogar Pflicht. Auch die Städte müssen sparen.

Der Strom aus der Steckdose und Wärme im Handumdrehen – seit dem russischen Angriff auf die Ukraine geraten diese gefühlten Selbstverständlichkeiten in Gefahr.
Vor allem die Gasversorgung ist durch die Abhängigkeit von Russland unsicher geworden. Die Energiepreise explodieren.
Um die Versorgungsunternehmen vor der Pleite zu schützen, will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Gasumlage einführen, die Kunden ab dem 1. Oktober bezahlen sollen. Diese ist allerdings umstritten, weil davon auch Gasversorger wie Uniper und Sefe profitieren würden, die vom Bund übernommen werden sollen.
Gleichzeitig hat die Bundesregierung mehrere Hilfspakete geschnürt, um die Bürger in der Energiekrise zu entlasten und außerdem eine Energiesparverordnung in Kraft gesetzt, die Kommunen und Unternehmen zum Sparen anhalten soll.
Die Herausforderungen waren heute auch Thema beim hessischen Städtetag in Kassel. Neben kälteren öffentlichen Gebäuden und unbeleuchteten Denkmälern werden die Städte weitere Wege finden müssen, um ihren Energieverbrauch zu senken.
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Maike Dickhaus, Moderatorin: In Kassel ist mir jetzt Heiko Wingenfeld zugeschaltet, Oberbürgermeister von Fulda und Präsident des hessischen Städtetages. Guten Abend.
Heiko Wingenfeld, CDU, Präsident des Hessischen Städtetages: Schönen guten Abend.
Dickhaus: Herr Wingenfeld, Deutschland befindet sich in einer akuten Energiekrise. Wie tief stecken die hessischen Städte und Ihre Stadtwerke denn bereits in Schwierigkeiten?
Wingenfeld: Ja, also die aktuelle Situation ist zunächst einmal für alle Bürgerinnen und Bürger eine große Belastung. Und auch wir als Verantwortliche für die Städte stehen vor großen Herausforderungen. Einerseits sind wir aktiv dabei, Beiträge zu leisten, um Energie einzusparen, und andererseits stehen wir mit unseren kommunalen Energieversorgern vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Da sind wir wirklich gefordert. Aber die kommunalen Energieversorger sind es ja schließlich, die wirklich die Versorgung vor Ort gewährleisten. Und deshalb brauchen wir hier Unterstützung von Bund und Land.
Dickhaus: Was fordern Sie denn da konkret von der Landes- und von der Bundesregierung?
Wingenfeld: Unser Appell an den Bund, an das Land: Wir brauchen jetzt Klarheit. Wir brauchen einen Schutzschirm, der gewährleistet, dass die kommunalen Energieversorger ihre Arbeit leisten können, sprich die Bevölkerung vor Ort zu versorgen.
Dickhaus: Am 1. September ist die Energieeinsparverordnung in Kraft getreten. Müssen Sie das 1;1 umsetzen oder haben die Städte einen Ermessensspielraum?
Wingenfeld: Als Städte sind wir natürlich an Recht und Gesetz gebunden, und es ist auch gut, wenn wir möglichst einheitliche Regelungen haben. Aber als Städte gehen wir auch in Hessen darüber hinaus. Und wir haben Empfehlungen erarbeitet. Beispielsweise: Wir sagen ja, wir öffnen die Hallenbäder, aber mit geringeren Temperaturen. Oder bei den Weihnachtsmärkten; wir stehen dazu dass die Menschen Gemeinschaft erleben sollen, dass die Weihnachtsmärkte öffnen, aber mit geringerer Beleuchtung. Das sind Empfehlungen, die in dieser Form nicht gesetzlich geregelt sind, von denen wir aber meinen, dass es wichtig ist, dass wir als Städte auch einen konkreten Beitrag leisten, dass wir ein Stückweit Vorbild sind und dass es für die Bürgerinnen und Bürger wichtig ist zu wissen, dass die Stadt A nicht einen ganz anderen Weg wählt als die benachbarte Stadt B Das ist aus unserer Sicht sehr wichtig für die Akzeptanz der Einschränkungen. Und deshalb haben wir über das gesetzliche Maß hinaus Empfehlungen erarbeitet.
Dickhaus: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hält daran fest, die Gasumlage zum 1. Oktober einzuführen. Wie stehen Sie dazu?
Wingenfeld: Also dazu habe ich eine persönliche Meinung. Es zeigt sich ja jetzt, wie handwerklich schwierig und komplex diese Gasumlage ist in der Umsetzung. Von daher hätte ich mir gewünscht und ich stehe auch weiterhin zu dieser Forderung, die notwendigen Finanzmittel aus den Steuermitteln zur Verfügung zu stellen. Das wäre aus meiner Sicht effizienter als die jetzt geplante Gasumlage.
Dickhaus: Herr Wingenfeld, vielen Dank für ihre Einschätzungen. Danke nach Kassel.
Wingenfeld: Ich danke Ihnen.