Städel-Museum zeigt Ottilie Roederstein

Jetzt drehen wir das Rad der Zeit zurück: Ende des 19. Jahrhunderts. Frauen waren an Kunstakademien nicht zugelassen. Umso bemerkenswerter, dass Ottilie Roederstein zu einer Berühmtheit wurde und heute in einem Atemzug mit den bekanntesten Malern ihrer Zeit genannt wird – wie zum Beispiel Max Beckmann. Das Frankfurter Städel Museum widmet der Malerin, die lange im Rhein-Main-Gebiet gelebt hat, jetzt eine Ausstellung.

Eine junge Frau. Sie schaut verträumt, melancholisch.
Warmherzig und glücklich wirkt diese Großmutter mit ihrem Enkelkind.
Gefühlvolle, stimmungsvolle Bilder, die das Wesen der Portraitierten zeigen, alleine durch den richtigen Pinselstrich. Das ist die Kunst der 1859 in Zürich geborenen Ottilie Roederstein.
Ihre große Liebe heißt Elisabeth Winterhalter. Mit ihr zusammen lebt die Malerin vor über 120 Jahren als freischaffende Künstlerin.
Eva-Maria Höllerer, Kuratorin der Ausstellung
„Sie musste den Umweg auch über Paris machen, wo aufgrund einer liberaleren Gesellschaft für Künstlerinnen eben mehr Möglichkeiten bestanden haben, sich ausbilden zu lassen. Und mit dieser guten Ausbildung konnte sie dann eben auch in Deutschland als bekannte erfolgreiche Malerin fußfassen.“
Ottilie Roederstein ist erfolgreich, – auch weil sie ein regelrechtes Netzwerk aufbaut. Sie malt berühmte Kollegen wie Alexej von Jawlensky, einflussreiche Mäzene und bekannte Wissenschaftler. Von Zürich aus zieht die Malerin 1891 nach Frankfurt. Dort arbeitet ihre Lebensgefährtin als Ärztin. Ottilie Roederstein stellt aus, verkauft viele Gemälde. Sie mietet sich Ateliers im Städelschen Kunstinstitut an, unterrichtet junge Malerinnen.
Eine Frau die in einer von Männern dominierten Welt alles erreicht, so lebt wie sie leben will und sich selbst trotzdem immer recht grimmig inszeniert.
Eva-Maria Höllerer, Kuratorin der Ausstellung
„Sie war eigentlich eine sehr freundliche, eine sehr einnehmende Persönlichkeit. Das geht aus ihren Briefen, aus ihren zahlreichen Bekanntschaften mit Künstlerinnen und Künstlern oder anderen Persönlichkeiten der Gesellschaft hervor. Dass sie sich als Künstlerin ernst inszeniert hat, hat, glaube ich, damit zu tun, das es eben auch ein Kampf war, als Künstlerin ernst genommen zu werden.“
Ottilie Roederstein – eine für die damalige Zeit mehr als moderne Frau. Sie wird als Künstlerin ernst genommen, bleibt ihrem Stil ihr Leben lang treu. Keine abstrakte Kunst, eine gegenständliche eher sachliche Malweise. Über 50 Jahre lang lebt sie im Rhein-Main-Gebiet. Zusammen mit ihrer Freundin zieht sie 1909 nach Hofheim. Dort stirbt die Malerin mit 78 Jahren.
Philipp Demandt, Direktor Städel Museum Frankfurt
„Nach ihrem Tod 1937 ist dann spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg das Interesse an gegenständlicher Malerei, vor allem auch an der Portraitmalerei, doch sehr stark zurückgegangen und in diesen Strudel des Vergessens ist dann auch Ottilie Roederstein geraten.“
Eine starke Frau, eine große deutsche Künstlerin wird jetzt wiederentdeckt und gewürdigt.
„Frei. Schaffend.“ heißt die Ausstellung. Bis zum 16. Oktober werden die Gemälde von Ottilie Roederstein im Frankfurter Städel Museum ausgestellt.