Stadt Hanau übernimmt Spielzeugladen

Ein-Euro-Shops, Handyläden, Nagelstudios – solche Läden prägen mittlerweile das Bild vieler Innenstädte. Ziemlich öde, finden viele Einwohner und oft auch die Städte selbst. In Hanau setzt man offenbar viel daran, um das zu verhindern. Damit ein traditionsreiches Spielzeuggeschäft in der Innenstadt bleibt, hat die Stadt es einfach selbst gekauft und will es künftig auch selbst betreiben. Die Stadt als Spielzeughändler? Klingt ungewöhnlich und kommt nicht überall gut an.

Bunt und verspielt. Der Spielzeugladen Brachmann ist über Generationen hinweg in Hanau bekannt, ein Farbklecks in der Innenstadt. Im Sommer machen die jetzigen Betreiber nach drei Jahrzehnten Schluss, aus Altersgründen. Ihr letzter Wunsch:
Edgar Lülow, Inhaber Spielzeugladen Brachmann: „Für uns war absolut vorrangig, dass das Spielwarengeschäft weiter betrieben wird. Die 175-jährige Tradition, die wollten wir halt weitergeführt wissen.“
Doch die Suche nach einem Nachfolger verläuft zunächst ohne Erfolg. Die Inhaber wenden sich an die Stadt Hanau und es kommt zu einer ungewöhnlichen Lösung: Denn auch die Stadt will ihr buntes Aushängeschild nicht verlieren und kauft das Gebäude kurzerhand selbst. Ab Juli soll die stadteigene Marketinggesellschaft den Spielwarenladen betreiben. Aus Sicht von Oberbürgermeister Claus Kaminsky tut das der gesamten Innenstadt gut.
Claus Kaminsky (SPD), Oberbürgermeister Hanau: „Hier nicht einfach mit anzusehen, wie Nutzungen entstehen, wie wir sie schon vielfach in der Stadt haben, wie wir sie auch nicht mehr brauchen, das war sozusagen das Motiv für die Stadt zu sagen: ‚Danke, Herr Lülow, dass sie auf uns zugekommen sind. Und jetzt lassen sie uns reden, wie wir an diesem attraktiven Standort Zukunft ein Stück gestalten können.‘“
Möglich macht die Übernahme ein Vorkaufsrecht, das sich die Stadt 2019 selbst eingeräumt hat. Damit sollen Spekulanten abgehalten und das Bild der Innenstadt beibehalten werden. Kritik kommt vom Bund der Steuerzahler. Der Kauf des Spielzeugladens verzerre den Wettbewerb unter den Händlern und sei zudem riskant.
Joachim Papendick, Bund der Steuerzahler Hessen: „Es ist doch sehr die Frage, ob die Stadt das dann selber machen muss oder ob sich nicht andere Wege finden, über die Wirtschaftsförderung zum Beispiel dort hochwertigen Einzelhandel entweder zu halten oder neu anzusiedeln. Dass der Steuerzahler da ins Risiko gehen muss und wenn die Kalkulationen dann nicht aufgehen, dafür zahlen muss, das halten wir für unangemessen.“
Dauerhaft will die Stadt laut eigener Aussage den Laden jedoch nicht halten. Nach der Übernahme soll das Geschäft umgestaltet werden, um private Käufer anzulocken. Dass die Stadt dafür vorübergehend in den Wettbewerb eingreift, hält der Oberbürgermeister für legitim.
Claus Kaminsky (SPD), Oberbürgermeister Hanau: „Um interessante Einzelhandelsangebote in die Innenstadt zu kriegen, die vielleicht nicht den Umsatz drehen, um horrende Mieten zu zahlen, deswegen intervenieren wir.“
Weitere Übernahmen in den kommenden Jahren schließt Kaminsky nicht aus. Ob die Stadt ein guter Unternehmer ist, wird sich ab Sommer zeigen. Anders als in vielen Spielen wird dann mit echtem Geld gehandelt.