Speichern von Windenergie: Ist Osmose die Lösung?

Die aktuelle Energiekrise zeigt uns gerade, wie wichtig es ist, von anderen Ländern unabhängig zu werden. Gleichzeitig soll unser Strom grüner werden. Die Politik setzt neben Solar vor allem auf Windkraftanlagen. Doch die haben eine große Schwachstelle: Zu viel erzeugter Strom lässt sich bislang nicht speichern. Ein Forscherteam der Technischen Universität Darmstadt könnte da eine Lösung parat haben. Und die Idee ist simpler als gedacht.

Hier dreht sich gerade gar nichts. Die Windräder stehen still, weil sie nicht mehr Strom erzeugen dürfen, als im Moment gebraucht wird. Den Überschuss einfach speichern? Nicht möglich. Ein Team von der Technischen Universität Darmstadt will das ändern. Die Forscher haben ein neuartiges und zugleich simples Energiespeichersystem entwickelt. Es beruht auf einem natürlichen Prinzip: der Osmose.
Pascal Koschwitz, Projektkoordinator
„Also, genauso wie Bäume, wenn sie Wasser ansaugen, bis zu 100 Meter aus den Wurzeln das bis in die Baumspitzen ansaugen, das ist das Prinzip, was wir nutzen. Der osmotische Effekt, der zieht quasi das Wasser an und das wird durch eine Wasserturbine gedrückt und die Wasserturbine die dreht sich und erzeugt dann halt Strom über einen Generator.“
Die Osmose ist ein Prozess, der für einen Konzentrationsausgleich zwischen Flüssigkeiten sorgt.
Ein Beispiel: In einem Gefäß befinden sich zwei Kammern mit Wasser. Dazwischen ist eine Membran. Nun kommt Salz in das Wasser, in die eine Kammer mehr als in die andere. Links ist die Salzkonzentration nun also höher als rechts. Die Osmose will das ausgleichen. Die feine Membran lässt aber nur Wasser hindurch, kein Salz. Also zieht die linke Kammer das Wasser aus der rechten zu sich herüber und gleicht so die Konzentration aus.
Einen ähnlichen Aufbau soll es auch in der Windkraftanlage geben. Zu viel produzierte Energie wird genutzt, um eine Pumpe anzutreiben. Diese arbeitet genau gegen die Osmose: Sie drückt Wasser zurück durch die Membran, sodass die Salzkonzentration auf einer Seite steigt. Auf diese Weise wird die Energie gespeichert. Wird die gespeicherte Energie nun benötigt, lässt man einfach das Wasser nach dem natürlichen Osmose-Prinzip wieder zurückströmen. Das treibt eine Turbine an und so kann die reingesteckte Energie in Strom umgewandelt werden.
Das Besondere an dem Speichersystem: Die Zutaten sind simpel und umweltfreundlich – Wasser und Kochsalz. Seltene Rohstoffe, wie man sie in Batterien braucht, sind hier nicht nötig.
Pascal Koschwitz, Projektkoordinator
„Also, der Vorteil an unserer Anlage, ganz grob zusammen gefasst, sind die Kosten. Es ist billig. Die Investitionskosten, es ist ein simples System und es ist verfügbare Technologie, das heißt, man kann die Pumpen kaufen, man kann die Tanks kaufen, man kann die Verrohrung kaufen, man kann die Membranen kaufen, es ist alles erhältlich am Markt.“
Die Anlage passt in jedes Windrad – denn Platz gibt es in dessen Innerem genug. Die Idee für die Technologie kommt von Teamleiter Falah Alobaid.
Dr. Falah Alobaid, Maschinenbauingenieur und Erfinder
„Die Idee von der Energiespeicherung kam mir 2017, Anfang 2018. Da hatte ich mehrere Projekte in Mittel-Osten und es ging meistens um Entsalzungsanlagen. Und da nutzt man den Prozess einer Umkehrosmose. Umkehrosmose ist der Umkehrprozess von der natürlichen Osmose, die man findet in den Pflanzen. Und hier in Deutschland seit zehn Jahren beschäftige ich mich auch mit Energiespeicherung, da kam die Idee zu mir, wir können beide Konzepte, diese Umkehrosmose mit Osmose kombinieren und nutzen als Energiespeicherung.“
Aktuell wartet das Team auf 1,5 Millionen Euro Fördermittel vom Bundeswirtschaftsministerium. Für Anfang 2025 sind erste Tests im Windrad geplant.
Der große Traum: Jede Windkraftanlage in Deutschland eines Tages mit der Technologie auszustatten, die die Forscher hier an der TU Darmstadt entwickelt haben.