Speditionen fordern Unterstützung von der Politik

Die hohen Kraftstoffpreise treffen jeden, doch die Transportbranche trifft sie besonders hart. Bei uns im Gespräch: Prof. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung mit Sitz in Frankfurt.

Maike Dickhaus, Moderatorin: Guten Abend.
Prof. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher BGL: Guten Abend.
Dickhaus: Herr Engelhardt, wir haben eben das Beispiel aus Bruchköbel gesehen. Sie haben den Überblick über die ganze Branche. Wie existenzbedrohend sind denn die Dieselpreise für die Transportunternehmen?
Engelhardt: Die stark angestiegenen Dieselpreise sind tatsächlich eine große Belastung, gerade für den deutschen Mittelstand. Vergleicht man allein die Zeiträume September 2020 mit September 2021, dann sind die Dieselpreise allein in diesem Zeitraum 37 Prozent gestiegen, was eine enorm Kostenbelastung bedeutet.
Dickhaus: Sind denn alle Logistikunternehmen im gleichen Maße betroffen oder gibt es da Unterschiede?
Engelhardt: Da gibt es sehr wohl Unterschiede. Es gibt einmal langfristige Verträge, die mit einem entsprechenden Mechanismus ausgestattet sind. Wenn der Kraftstoffpreise steigt, steigt dann auch entsprechend die Frachtraten oder die Erlöse.
Das trifft aber nicht auf alle Verträge zu. Es gibt auch einige, die sind direkt von den hohen Energiekosten betroffen. Und da ist dringender Handlungsbedarf gegeben.
Dickhaus: Jetzt warnen Sie ganz konkret vor einem Versorgungskollaps in den nächsten Jahren. Was treibt die Branche denn neben den hohen Dieselpreise ganz besonders um?
Engelhardt: Das größte Problem, was unsere Branche, gerade der mittelständische deutsche Transportmarkt derzeit hat, ist der extreme Fahrermangel. Uns fehlen in Deutschland alleine 60 bis 80.000 Berufskraftfahrer. Die Lücke wird jedes Jahr größer. Es kommen jedes Jahr zehn bis 1.5000 fehlende Fahrer hinzu. Und wir haben eigentlich eine ähnliche Situation wie in England, allerdings nur schleichend. Das kommt nicht abrupt, sondern es kommt Stück für Stück. Und der Fahrermangel ist dabei das größte Problem. Insgesamt werden die Transportkosten in den nächsten Jahren also steigen.
Dickhaus: Werde ich das als Verbraucher merken, wenn ich mir zum Beispiel online etwas bestelle?
Engelhardt: Das werden alle Verbraucher merken, nicht nur bei der Online-Bestellung, sondern auch beim täglichen Konsum. Weil wir haben auf der einen Seite die höheren Kraftstoffkosten, dann haben wir seit letztem Jahr den nationalen Emissionshandel, das heißt nationalen CO2-Preis, der noch mal oben auf die Preise aufgeschlagen wird. Wir haben steigende Lohnkosten, weil der Fahrer die Fahrerknappheit so immens ist, aber auch andere Rohstoffe, wie zum Beispiel das AdBlue, das benötigt wird, um die Fahrzeuge gemäß Euro-6-Norm zu betreiben, wird knapp und teuer, sodass die Kosten steigen. Und am Ende merkt das jeder Verbraucher.
Dickhaus: Wir schauen uns das mal an: Mehr als die Hälfte des Dieselpreises machen ja Steuern aus, aso Energiesteuer, CO2-Bepreisung und die Mehrwertsteuer. Gibt es da Ihrerseits Forderungen an die Politik, damit sich die Lage im Warenverkehr wieder etwas entspannt?
Engelhardt: Ich glaube, kein Verbraucher möchte Bilder wie in England erleben. Das heißt, wir brauchen den deutschen Mittelstand, wir brauchen die Transportunternehmen. Über 70 Prozent der Güter werden auf der Straße transportiert. Deswegen brauchen wir auf der einen Seite entweder Unterstützung seitens der Verladerschaft und der Verbraucher in Form höherer Preise oder brauchen Entlastung seitens der Politik, zum Beispiel durch Steuersenkungen. Beides ist notwendig oder eine der beiden Maßnahmen ist notwendig, damit der deutsche Mittelstand weiter existieren kann.
Dickhaus: Müssen Sie da nicht mit Sorge auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen in Berlin blicken? Denn dass mit einer möglichen Ampel der CO2-Preis weiter angehoben wird, das dürfte doch mehr als wahrscheinlich sein, oder?
Engelhardt: Wir haben uns als Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik und mit konkreten Forderungen an die Politik in Berlin gewandt und fordern zum Beispiel, dass die Transportlösungen, auch die Antriebswende für unsere Mittelständler planbar sein muss. Die muss finanzierbar sein und die muss sich vor allem in entsprechenden Marktpreisen wiederfinden.
Auf der anderen Seite müssen wir die Digitalisierung vorantreiben, auch die Bürokratisierung in unserer Branche minimieren und auf die Vernetzung der Verkehrsträger vorantreiben. Nur wenn wir alle diese Maßnahmen auf den Weg bringen, kann der deutsche Mittelstand in Zukunft überleben.
Dickhaus: Und er ist einfach essentiell für unseren täglichen Konsum, für unsere tägliche Versorgung, sagt Dirk Engelhardt vom Bundesverband für Güterkraftverkehr. Vielen Dank nach Frankfurt.
Engelhardt: Vielen Dank und viele Grüße nach Mainz.