Soziale Stadtimkerei in Mainz

Auf den Dächern von Mainz gibt es viele Bienenstöcke. Einige gehören der „Sozialen Stadtimkerei“. Ein Projekt der „Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen“ – um Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammenzubringen. Dafür gab es von den Vereinten Nationen den Preis „Biologische Vielfalt“ und auch eine Auszeichnung des Landes Rheinland-Pfalz.

Honigernte am frühen Morgen in Mainz. Sebastian ist zusammen mit Karl-Heinz dabei, Bienenwaben aus einem Bienenstock auf dem Dach einer Frauenarztpraxis zu holen.
„Und dann werden wir morgen ausschleudern. Das sind jetzt bestimmt zwei Kilo. Also, die ist ziemlich voll.“
Sebastian ist seit acht Jahren Mitglied der sozialen Stadtimkerei. Die Arbeit mit den Bienen hat ihm dabei geholfen, aus einem Tief herauszukommen.
Sebastian, seit acht Jahren Mitglied der sozialen Stadtimkerei
„Ja, viel, ich habe eigentlich komplett meinen Wochenrhythmus jetzt aufgebaut, sodass ich die Bienen versorgen kann. Also, ich war lange jetzt arbeitsunfähig. Und habe mir jetzt so immer wieder Projekte gesucht, die mir was bringen und das sind halt die Bienen gewesen. Ja, mir macht das Spaß, es ist ein schönes Hobby.“
Auch Eric ist mit auf dem Dach. Er kümmert sich seit fünf Jahren um die Bienenstöcke der Stadtimkerei.
Eric, seit fünf Jahren Mitglied der sozialen Stadtimkerei
„Ich habe vor 20 Jahren ein Traumata erlebt, hatte dann da relativ schwierige Zeiten, habe dann im Ausland gelebt, dann jetzt vor knapp zehn Jahren wieder hierher nach Mainz gekommen, bin dann auch nochmal in Depressionen abgestürzt gewesen.“
Die soziale Stadtimkerei ist ein Projekt der Mainzer Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen. Die Arztpraxis, auf deren Dach die Bienenstöcke stehen, ist eine der Paten des Projekts, das Jens Bucher leitet und mit aufgebaut hat.
Jens Bucher, Projektleiter soziale Stadtimkerei Mainz
„Wir hatten die Idee, ein unkonventionelles Projekt zu machen, um Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen zusammenzubringen. Das heißt, in der Imkerei sind Nachbarn, Studierende, Menschen, die seelisch belastet sind oder waren, die können sich der Imkerei annähern. Das ist so das Grundkonzept.“
Eric ist auch am nächsten Tag mit dabei, diesmal zusammen mit Heidi. In den Räumen der Stadtimkerei soll der Honig geschleudert werden, dafür muss erst einmal eine Wachsschicht von den Bienenwaben entfernt werden. Viele wollen Mitglied der sozialen Einrichtung werden, doch die Warteliste ist lang. Eric hat durch die regelmäßige Arbeit wieder einen Rhythmus in seinen Alltag bekommen.
Eric, seit fünf Jahren Mitglied der sozialen Stadtimkerei
„Das Schöne ist halt, dass man hier in den Workshops, wenn man dran teilnimmt, ein ganzes Bienenjahr halt einmal begleitet und sieht, was die eigentlich produzieren. Man kann sozusagen seine Uhr nach stellen. „Wenn die Bienchen anfangen, Honig zu sammeln, wissen wir, jetzt ist Frühjahr.“
Jens Bucher schleudert den Honig. Er ist gelernter Heilpädagoge und Imker. Auf 19 Dächern in Mainz hat die soziale Stadtimkerei ihre Bienenstöcke stehen. Die Honigernte ist in diesem Jahr nicht so besonders, aber das ist eigentlich auch Nebensache.
Jens Bucher, Projektleiter soziale Stadtimkerei Mainz
„Aber für uns ist es okay. Ich denke, es werden am Ende des Jahres 300 Kilo. Wir sind eine Mikro-Imkerei. Wir nutzen die Imkerei, um Menschen zusammenzubringen, das ist unser eigentliches Thema. Von daher freuen wir uns, wir nehmen den Bienen auch nicht alles an Honig raus, sondern freuen uns, wenn es unseren Bienen gut geht und auch den Menschen gut geht.“
Die soziale Stadtimkerei ist ein gemeinnütziges Projekt, die Teilnahme kostet nichts. Ihren Honig bezeichnen die Mitglieder als „besten Honig der Welt“. Wer das nicht glaubt, ist eingeladen, sich ein Glas für 5 Euro zu kaufen, um das soziale Projekt zu unterstützen. In der Mombacher Straße 78 in Mainz ist jeder willkommen.