Sozialbeiträge steigen deutlich
Das neue Jahr startet für viele Arbeitnehmer mit schlechten Nachrichten. Denn fast alle bekommen in diesem Monat weniger ausgezahlt. Grund: Der drastische Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge frisst einen immer größeren Teil des Lohns auf. 44 Millionen Menschen in Deutschland sind davon betroffen. Woran das liegt – wir geben einen Überblick.
„Auch wir können uns für 2025 den aktuellen Entwicklungen nicht entziehen, und müssen unseren Beitrag anpassen.“
Es sind Formulierungen wie diese, die Millionen Versicherten zuletzt in die Briefkästen flatterten
Die Techniker als größte deutsche Krankenkasse beispielsweise erhöht den Zusatzbeitrag von 1,2 auf 2,45 %.
Steigerungen von deutlich mehr als einen Prozentpunkt bei vielen Krankenkassen. Allein die Erhöhung um einen Prozentpunkt macht bei einem Einkommen von 3.000 € monatlich 30 € weniger auf dem Gehaltszettel aus.
Sebastian Wolski
„Ich finde es eigentlich eine Katastrophe, weil es ist nicht nur die Krankenkasse, sondern auch andere Dinge, die über den Jahreswechsel steigen und die Jahre davor auch schon. Und irgendwo sollte es auch Grenzen haben.“Carolin Diehl
„Bisher werde ich gut bezahlt in meinem Job zum Glück, deswegen ist es keine Belastung aber wenn ich jetzt länger mal ausfallen würde, dann wüsste ich nicht wie ich die Kosten tragen sollte.“Sonja Köbel
„Ich bin froh, wenn wir noch eine Krankenkasse haben, die auch Kosten übernimmt. In anderen Ländern ist es nicht so, aber okay.“
Der Anstieg sei laut Krankenkassen nötig, weil immer mehr versicherungsfremde Leistungen durch die Politik auf die Beitragszahler abgewälzt würden, zuletzt insbesondere steigende Krankenhauskosten durch die Reform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
Prof. Thomas Kolb, Gesundheitsökonom Hochschule RheinMain Wiesbaden
„Das bezweifele ich. Wir reden hier über einen relativ geringen Betrag in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, noch nicht mal 1 Prozent des Gesamtbetrags. Es sind Ineffizienzen also nicht abgestimmte Leistungserbringung und z.B. sektorale, das heißt ambulante und stationäre Sektorentrennung.“
Deutschland gibt inzwischen über 300 Milliarden Euro pro Jahr für die gesetzliche Krankenversicherung aus..Das Problem liege nicht in der Finanzierung sondern in Organisation und Steuerung.
Prof. Thomas Kolb, Gesundheitsökonom Hochschule RheinMain Wiesbaden
„Wir haben eine goldene Kreditkartenmentalität. Die Versicherten haben den Eindruck, was ja auch Realität ist, dass sie sich mit ihrer Versichertenkarte frei in dem System bewegen können. Wir brauchen aber in meinen Augen eine viel stärkere Patientensteuerung, die am besten Hausärzte übernehmen könnten.“
Mehr Patientensteuerung fordert auch die Bundesärztekammer.
Nun aber erstmal knappe Kassen bei den Kassen. Um ihr 5,5 Milliarden-Euro-Loch zu stopfen, bestimmen diese ihren Zusatzbeitrag selbst und haben mit nun durchschnittlich 2,91 Prozent die ursprünglich angepeilte Schätzung weit übertroffen.
Julika Unger, Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
„Also der Zusatzbeitrag bewegt sich zwischen einem und 4,4 %. Bezogen auf Rheinland-Pfalz kann man nennen, dass z.B. die BKK Firmus eine der eher günstigeren ist, mit 1,8 Prozent und die bundesweit geöffnete Knappschaft, die liegt bei 4,4 %.“
Diese Unterschiede können am Ende mehrere hundert Euro im Jahr ausmachen. Wer vom Preisanstieg betroffen ist, hat ein Sonderkündigungsrecht.
Julika Unger, Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
„Wir empfehlen, dass man diese Beitragserhöhung zum Anlass nimmt, nochmal die Wahl der Krankenkasse zu überprüfen und überlegt, ob man tatsächlich zu einer günstigeren wechseln kann. Natürlich sind die Zusatzbeiträge nicht die einzigen Kriterien, sondern es muss auch geguckt werden auf den Kundenservice und die Satzungsleistungen, also die Mehrleistungen die die Krankenkassen erbringen können.“
Auch in der Pflegeversicherung steigen die Kosten, besonders betroffen Pflegebedürftige in Heimen, weil die Eigenanteile steigen.
Prof. Thomas Kolb, Gesundheitsökonom Hochschule RheinMain Wiesbaden
„Wir haben überall eigentlich das gleiche Problem. Wir haben veränderte Einnahmestrukturen, wir haben relativ starke Nachfragen nach den einzelnen Leistungen und wenn die uns nachfolgende Generation, nicht irgendwann 50,60 % Abzüge im Rahmen ihrer Einnahmen haben möchte, dann muss dort eine fundamentale Änderung einfach stattfinden.“