Schwierige Weihnachtszeit

Als die Corona-Pandemie kam, verstummten bald die Chöre im ganzen Land. Zu gefährlich sei der immense Ausstoß von Aerosolen während des Singens, da waren sich die Experten einig. Und obwohl es inzwischen auch Studien gibt, die belegen, dass vor allem das Singen mit Kindern deutlich weniger gefährlich ist, als ursprünglich angenommen, sehen die hessischen Chöre, nach Lockdowns und Singverboten auch dieses Jahr einer schwierigen Weihnachtszeit entgegen.

Generalprobe bei den „Frankfurter Spatzen“. Ursprünglich hatte der Kinder- und Jugendchor anlässlich seines zehnjährigen Bestehens eine Aufführung vor 700 Gästen geplant, doch angesichts der hohen Infektionszahlen und der strengen Regeln für Musikvereine, übt man jetzt für ein Streamingkonzert. Alle Proben finden in Kleingruppen statt, mit Abstand, Masken und tagesaktuellen Schnelltests. Ein Mehraufwand, der Chorgründerin Iris Wolter an ihre Belastungsgrenze bringt, aber eine Absage des Jubiläumskonzertes, mit dessen Einnahmen ein Brunnenbauprojekt in Kamerun unterstützt werden soll, ist für sie keine Option.
Iris Wolter, Gründerin der „Frankfurter Spatzen“
„Dann haben aber auch die Jugendlichen gesagt, und das hat mich dann wiederum überzeugt, weil ich auch nicht wusste, wollen wir oder wollen wir nicht, die haben gesagt: Für ein Regenbogenkind, das dieses oder letztes Jahr angefangen hat, das vier Jahre alt ist und was letztendlich 50% seines Lebens in der Pandemie verbracht hat, für den ist das ein Superauftritt.“
Eine Einstellung, die auch Beate Sondermann vom Landesmusikrat Hessen begrüßt. Für viele Musikvereine in Hessen sind die Weihnachtskonzerte nicht nur der musikalische Höhepunkt des Jahres, sondern auch ein wichtiger Baustein der Finanzierung.
Beate Sondermann, Geschäftsführerin Landesmusikrat Hessen
„Wir gehen davon aus, dass in etwa zwei Drittel der geplanten Konzerte gecancelt werden, weil die Räume nicht mehr zur Verfügung stehen oder der Aufwand zu groß ist. Die Situation ist momentan sehr angespannt in den Vereinen.“
Gerade Kinder verlören durch die vielen Einschränkungen den Kontakt zu den Vereinen – mit fatalen Folgen. Denn in einem Nachwuchsproblem im Vereinsleben sieht Sondermann auch ein weitläufig unterschätztes Problem für die Gesellschaft.
Beate Sondermann, Geschäftsführerin Landesmusikrat Hessen
„Wir glauben, dass die Vereine ein Spiegel der Gesellschaft sind und wenn diese Mischung, aber auch diese Freizeitbeschäftigung, diese Kunst und Bildung der Menschen wegfällt, das dann unsere Gesellschaft noch weiter auseinanderdriften wird, Integration nicht mehr so möglich ist. Die ganze Bildung bröckelt und das wird unserer Gesellschaft auf die Füße fallen.“
Wie wichtig das Vereinsleben ist, das ist auch bei den „Spatzen“ zu spüren. Der Chor, der 2018 mit dem hessischen Integrationspreis ausgezeichnet wurde, verbindet seit seiner Gründung die verschiedensten Kulturen in Frankfurt.
Erjon, 18 Jahre alt
„Also, für mich ist es damals so gewesen, dass ich nach Deutschland gekommen bin und kein Deutsch konnte. Musik hat mir so ein Wilkommensgefühl gegeben, ich war hier willkommen.“
Enes, 19 Jahre alt
„Ich fühle mich hier inzwischen fast schon wie in einer Familie, beziehungsweise wir sind hier eine Familie.“
Charlotte, 10 Jahre alt
„Ich singe schon ziemlich gerne, eigentlich auch schon seit ich klein bin, und deswegen macht das mir hier auch richtig viel Spaß.“
Romy, 9 Jahre alt
„Es macht mir einfach Spaß, Musik zu machen. Es ist einfach etwas ganz Tolles für mich.“
Und so proben und singen die „Frankfurter Spatzen“ unbeirrt weiter. Frei nach dem Motto: Ob große Bühne oder Streamingkonzert, Hauptsache es wird nicht still um die Chöre.