Wie gut ist die Risikogruppe vor Corona geschützt?

Während der Corona-Pandemie hat die Politik viel getan, um die besonders gefährdete Gruppe der Senioren so gut wie möglich zu schützen. Doch wie ist die Lage in den Seniorenheimen jetzt zu Beginn der vierten Corona-Welle? Wir haben eine Einrichtung im rheinland-pfälzischen Kell am See besucht.

 

Ostermontag 2020: Es ist der Tag, an dem die ersten Mitarbeiter und Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet werden. Von 14 infizierten Senioren sterben fünf mit dem Virus. Drei Mitarbeiter kämpfen noch lange mit Spätfolgen.
Nach der ersten Welle ist die Einrichtung von weiteren Infektionen verschont geblieben. Auch der Alltag ist für die Senioren fast zurückgekehrt. Angst vor Corona haben sie hier, vor allem seit der Impfung, eigentlich nicht mehr:
Josefine Zender
„Ja, ich fühle mich sicher. Ich denke nicht, das wir noch Corona kriegen.“
Horst Weddeling
„Bedenken? Ach wissen Sie, ich werde 86 Jahre alt. Mir kann nicht mehr viel passieren.“
Die Senioren müssen seit Längerem keine Masken mehr tragen. Auch Besuche können sie empfangen, dafür gilt die 3-G-Regel. Jeder Gast muss also nachweisen, dass er entweder geimpft, genesen oder getestet ist.
Für die Pfleger ist die Belastung nach wie vor hoch, sagt der Heimleiter, auch nach eineinhalb Jahren Pandemie. Von der Politik fühlen sie sich teilweise im Stich gelassen, sagt er.
Michael Pauken, Einrichtungsleiter
„Wir haben Pflegekräfte, die körperlich und psychisch am Rande sind und die brauchen Unterstützung. Ich wünsche mir, dass die Politik da die Pflegekräfte noch mal mehr in den Blick nimmt. Nur mal ein Beispiel: Die Pflegekräfte arbeiten seit anderthalb Jahren nur noch mit Mundschutz. Viele haben auch dadurch schon gesundheitliche Probleme. Personal bräuchte auch mal eine Pause, braucht keinen Applaus, freut sich über Geldzuwendungen, aber allein schon die Umsetzung von zusätzlichem Personal, allein schon die Frage: wer macht denn die Kontrollen?“
Gemeint ist die 3-G-Regel, für deren Kontrolle das Personal fehlt. Neue Verordnungen kämen nach wie vor viel zu kurzfristig und müssten oft innerhalb eines Wochenendes umgesetzt werden. Sorge macht ihnen jetzt, dass der Corona-Impfschutz nachlassen könnte. Deshalb will das Deutsche Rote Kreuz in seinen Einrichtungen zum dritten Mal impfen, auch wenn eine Empfehlung dafür von der Ständigen Impfkommission noch aussteht.
Anke Marzi, Vorstandsvorsitzende DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz
„Wir haben in all unseren Häusern mit den Hausärzten Kontakt aufgenommen. Und soweit die Bewohner und die Mitarbeiter auch wirklich mitmachen und mitziehen – es ist ja ein freiwilliges Angebot – dass wir schnellstmöglich eine dritte Impfung als Sicherheit einfach haben. Sicherheit zugunsten der Freiheit.“
Wenn es nach Michael Pauken ginge, würde er Belegschaft und Bewohner über eine 2-G-Regel abstimmen lassen. Nach dieser dürften nur noch Geimpfte und Genesene die Einrichtung betreten.
Michael Pauken, Einrichtungsleiter
„Weil wir haben Stichproben jetzt gemacht und es sind fast alle, also auch Besucher, geimpft. Da macht es eigentlich Sinn, dass wir auch sagen können: dann machen wir 2-G. Und damit hätten wir auch mehr Sicherheit.“
In einer Studie des wissenschaftlichen Instituts der AOK heißt es, dass „die Isolationsmaßnahmen dramatische Auswirkungen für die Pflegebedürftigen“ gehabt haben. Für das DRK steht deshalb fest: Die Senioren dürfen nicht noch einmal isoliert werden. Für die Pflegeheime bedeutet das in diesem Winter wieder einen Spagat – zwischen Sicherheit und einem normalen Alltag.