Schöffen gesucht

Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil. Der Satz den jeder Richter am Ende einer Verhandlung spricht. Damit diese Rechtsprechung aber wirklich im Namen des Volkes gefällt wird, gibt es Schöffen. Also Laien wie Sie oder ich, die den Richter unterstützen und Urteile mitfällen. Und ganz aktuell suchen die Gerichte wieder neue Schöffen.

Eigentlich hätte sich Boris Becker nie vorstellen können einmal in einem Gerichtssaal zu landen. Doch schon seit fünf Jahren geht er hier am Mainzer Amtsgericht ein und aus. Als Schöffe.
Boris Becker, Schöffe am Amtsgericht Mainz: Da mich Juristerei schon immer interessiert hat, ich es beinahe mal selbst studiert hatte. Meine Mutter 25 Jahre lang bei der Staatsanwaltschaft tätig war. Und ich da das Ein oder Andere mitbekommen habe, was sehr interessant war, dachte ich, ich packe die Situation jetzt beim Schopfe und bewerbe mich und bin dann letzten Endes auch genommen worden.
Seitdem nimmt er ungefähr ein Mal pro Monat ehrenamtlich an Gerichtsprozessen teil. Dabei geht es um Drogendelikte, Einbruch oder Betrug. Verfahren bei denen Täter zu maximal vier Jahren Haft verurteilt werden können. Dabei sitzt er mit einem weiteren Schöffen neben dem Richter und verfolgt den kompletten Prozess. Da das Amt eine Bürgerpflicht ist, muss ihn sein Arbeitgeber dafür freistellen. Dazu erhält er eine Aufwandsentschädigung.
Boris Becker, Schöffe am Amtsgericht Mainz: Also es ist oft hochinteressant welches Individuum hat jetzt welche Straftat begangen und vor allem dann auch die Frage wie kam es dazu. Wie ist die Person zu einem Straftäter geworden. Ich gehe davon aus, dass kein Mensch als Straftäter oder Verbrecher auf die Welt kommt.
Am Ende des Prozesses kann Boris Becker dann als Teil des Schöffengerichts mit dem zweiten Schöffen und dem Richter über Schuld und Strafmaß mitentscheiden. Da die Laienrichter das Gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter haben, könnten sie diesen sogar überstimmen. Boris Becker sieht sein Ehrenamt als wichtigen Bestandteil der Gewaltenteilung und der Demokratie.
Boris Becker, Schöffe am Amtsgericht Mainz: Da es im Schöffengericht eben nicht möglich ist, dass ein Richter aufgrund seiner eigenen Lebenseinstellung und Lebensauffassung und juristischer Vorbildung alleine ein Urteil fällen kann was für den Beschuldigten erhebliche Folgen haben kann, sondern dass im Schöffengericht eben auch Menschen aus dem Volk ohne juristische Vorbildung aufgrund einer anderen Lebenseinstellung und Auffassung an der Urteilsfindung mitwirken und hier einen Baustein leisten zur Findung eines gerechten Urteils.
Um sich als Schöffe engagieren zu können darf man nicht vorbestraft sein, zwischen 25 und 70 Jahren alt sein und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Interessenten können sich in ihrer jeweiligen Kommune bewerben. Für Mainz sucht Brigitte Lehn neue Schöffen, die ab 2024 ihr Ehrenamt beginnen können. Für Amts- und Landgericht sind es 326 Laienrichter. Zwar gibt es in Mainz schon ausreichend Bewerber, doch Brigitte Lehn sucht noch mehr Interessenten.
Brigitte Lehn, Stadt Mainz: Es geht ja auch darum, dass so wie die Strafverfahren sind, da kommen auch alle Sorten und vergehen vor, dass die Laien das auch abbilden sollen. Dass wir jetzt nicht nur Akademiker oder alte weiße Männer als Schöffen haben, sondern wirklich einen Querschnitt durch die Bevölkerung. Und wir haben auch viele Bewerbungen von jungen Menschen. Das freut uns wirklich sehr.
Ob die Bewerber dann auch wirklich Schöffen werden, entscheiden der Stadtrat und ein Wahlausschuss bei den jeweiligen Gerichten. Die meisten Städte nehmen bis Mai Bewerbungen entgegen. Und auch Boris Becker möchte sich auch für die nächsten fünf Jahre als Schöffe engagieren und im Namen des Volkes mitentscheiden.