Schock: Startup soll Corona-Hilfen zurückzahlen

Um Unternehmen während der Corona-Krise unter die Arme zu greifen, bot der Staat damals mehrere Hilfspakete an. Schnell und unkompliziert – so hieß es immer – sollten die Betroffen das Geld bekommen. Daher wurden die Anträge auf Hilfsgelder erst mal nur unter Vorbehalt genehmigt. Die Schlussabrechnung erfolgt erst jetzt und hat für viele Unternehmen eine böse Überraschung im Gepäck: Sie sollen das Geld zurückzahlen.

2018 haben Arne und Joel Schäufele das Start-up Connfair in Weiterstadt gegründet. Die Geschäftsidee: eine Software für Eventmanagement. 2020 wollte das Unternehmen an den Start gehen. Dann kam Corona, die Eventbranche lag brach.
Arne Schäufele, Mitgründer Connfair GmbH
„Wir haben Hilfen gebraucht, in irgendeiner Form. Das hätte Kurzarbeit sein können, es gab eben auch die Corona-Hilfsprogramme, dementsprechend haben wir uns überlegt, was ist sinnvoll für uns. Wir haben Hilfsprogramme beantragt, wussten aber auch, dass wir als junges Unternehmen natürlich eine etwas schwierigere Argumentation haben.“
Bis zu 335.000 Euro Corona-Hilfen sollen sie jetzt zurückzahlen. Für die Gründer bedeutet das: Sie müssen Insolvenz anmelden. Die Höhe der Fördersumme, zum Beispiel für die Novemberhilfe, wurde auf Basis des Umsatzes 2019 ermittelt. Weil Connfair da aber quasi noch keine Einnahmen hatte, geben die Unternehmer im Antrag einen anderen Vergleichsmonat an, den Oktober 2020. Arne Schäufele ist in Kontakt mit einem Sachbearbeiter, schildert das Problem, das Geld wird ausgezahlt. Fristgerecht gibt Connfair dieses Jahr die Schlussabrechnung für die Corona-Hilfen ab. Dann die Schocknachricht vom zuständigen Regierungspräsidium Gießen.
Regierungspräsidium Gießen
„Im Rahmen dieser Prüfung wurde festgestellt, dass die vom Steuerberater angegebenen Vergleichsumsätze nicht zulässig sind. Die Entscheidung aus der Antragsphase musste daher korrigiert werden.“
Es sei von vornherein kommuniziert worden, dass die Gelder nur unter Vorbehalt ausgezahlt würden.
Arne Schäufele, Mitgründer Connfair GmbH
„Ganz ehrlich, ich als Unternehmen bezahle damit meine Mitarbeiter, ich kann meine Mitarbeiter auch schlecht unter Vorbehalt bezahlen. An irgendeiner Stelle muss ich mich auch darauf verlassen können, wenn ich eine Bewilligung bekomme und wenn dabei alle Fakten auf dem Tisch lagen und ich nichts unterschlagen habe, dann muss ich auch davon ausgehen, dass diese Bewilligung Bestand hat. Man kann ja nicht während dem Spiel einfach die Regeln ändern.“
Damit ist Connfair nicht allein, weiß die Industrie- und Handelskammer Darmstadt.
Robert Lippmann, Hauptgeschäftsführer IHK Darmstadt
„Die Unternehmen sind zunehmend frustriert und irritiert. Politik hat versprochen unkompliziert zu helfen und hat angekündigt, dann am Ende abzurechnen. Was wir jetzt sehen, ist, dass die Abrechnungen vielfach nicht zu dem passen, was die Unternehmen seinerzeit bei der Antragsstellung erwartet haben. Das liegt daran, dass im Prozess vielfach nachjustiert wurde und heute eigentlich keiner mehr so richtig weiß, was war seinerzeit für Bewilligung und für Antrag und das ist natürlich ein echtes Problem.“
Auf Nachfrage von 17:30 SAT.1 live schreibt das Regierungspräsidium: In 32 Prozent der bisher geprüften Fälle habe man Geld zurück gefordert. Wobei den meisten Unternehmen im Zuge ihrer Schlussabrechnung selbst aufgefallen sei, dass sie etwas zurückzahlen müssen. Eine böse Überraschung wie bei Connfair habe es nur in 7 Prozent der Fälle gegeben. Die Gründer suchen das persönliche Gespräch, hoffen auf eine Ausnahmeregelung, doch vergebens.
Arne Schäufele, Mitgründer Connfair GmbH
„Wenn wir Insolvenz anmelden, dann können wir eben genau diese Gelder eben nicht zurück zahlen, das Unternehmen besteht nicht weiter, wir können zukünftig keine Gewinne mehr erwirtschaften in der Form, sodass wir das noch zurückzahlen könnten. Auf der anderen Seite ist auch das Land Hessen in uns investiert, das sind auch öffentliche Gelder, die am Ende auch wieder in Gefahr sind durch diese Insolvenz, also am Ende verlieren alle Seiten.“
Das Start-up hat Klage eingereicht. Insolvenz anmelden musste es trotzdem. Arne und Joel Schäufele fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Jetzt geht es darum, im Laufe des Insolvenzverfahrens zu retten, was noch zu retten ist.