Scheitern die Reformpläne der katholischen Kirche?

Die katholische Kirche in Deutschland will Reformen anstoßen und hat dafür den synodalen Weg geschaffen. Doch bereits am ersten Tag der Versammlung in Frankfurt kommt es gestern Abend zum Eklat: Die Bischöfe lehnen eine Änderung der kirchlichen Sexualmoral ab.

Tränen auf dem Podium. Schon beim Auftakt der Synodalversammlung steht das Reformprojekt vor dem Scheitern. Die große Mehrheit der Laien will Homosexualität nicht mehr als Sünde verdammen. Doch bei den Bischöfen verfehlt das Grundsatzpapier die nötige Zweidrittelmehrheit. Der Synodale Weg vor der Zerreißprobe, der Frust darüber wirkt auch heute nach.
Irme Stetter-Karp, Präsidentin Zentralkomitee der deutschen Katholiken
„Die deutschen Bischöfe sind in ihrer Gesamtheit dem gegebenen Vertrauen, das durch den Missbrauch schon heftig irritiert worden war, gestern nicht gerecht geworden.“
Georg Bätzing, Bischof von Limburg
„Wenn es sich zeigt, dass wichtige Grundtexte, wichtige Entscheidungen sozusagen vertagt und nicht hier getroffen werden, dann ist eine Gefahr des Erfolges des Synodalen Weges gegeben.“
Viele Teilnehmer stellen heut denn Sinn der Versammlung in Frage und ob sich weitere Reformen wie Priesterämter für Frauen, Aufhebung des Pflichtzölibats und mehr Mitbestimmung für Laien überhaupt durchsetzen lassen.
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Eva Dieterle, Moderatorin: Live dabei war gestern auch Frankfurts Stadtdekan Johannes zu Eltz, mit ihm sprechen wir jetzt. Herr zu Eltz, guten Abend.
Johannes zu Eltz, Stadtdekan vo Frankfurt: Guten Abend.
Dieterle: Wie haben Sie diesen Eklat gestern erlebt?
zu Eltz: Ja, zunächst einmal, glaube ich, wie alle anderen im Saal wie vom Donner gerührt. Aber dann habe ich schnell von mir weggeguckt. Weil das ja alles auf offener Bühne geschah und habe mich mitnehmen lassen von den Tränen, die ich da gesehen habe, und auch von der Bestürzung derer, die da Monate und Jahre lang daran gearbeitet haben.
Dieterle: Gescheitert ist es, weil zu viele Bischöfe dagegen gestimmt haben. Wie groß ist Ihre ganz persönliche Enttäuschung darüber?
zu Eltz: Also enttäuscht bin ich nicht und überrascht bin ich auch nicht, dazu kenne ich die Verhältnisse, glaube ich, zu gut, aber zornig war ich schon. Das Glas war ja halbvoll, könnte man sagen, 61% der Bischöfe ist wirklich nicht nichts, aber es hätte 2/3 voll sein müssen und das hat eben nicht gereicht. Ich bin nicht enttäuscht über eine verlorene Abstimmung, das gehört dazu im Synodalwesen, sondern ich bin ärgerlich darüber, dass das nicht vorher klar auf den Tisch kam.
Dieterle: Der Synodale Weg wurde geschaffen, weil eine Erneuerung der Katholischen Kirche dringend nötig ist. Haben Sie noch Hoffnung, dass das auch tatsächlich gelingen kann?
zu Eltz: Ich habe die Hoffnung immer, dass das gelingen kann. Und solange ich sie habe, mache ich auch weiter. Wenn das keine Hoffnung mehr gibt, dann muss man nicht nur den Synodalen Weg abbrechen, sondern dann muss man auch aus der Kirche raus.
Dieterle: Selbst wenn sich die Verantwortlichen im Rahmen des Synodalen Weges auf grundlegendere Veränderungen einigen könnten, dann besteht doch immer noch die Gefahr, dass der Vatikan das dann einfach ablehnt?
zu Eltz: Klar, die Gefahr besteht. Aber wenn man genau auf Fortschritt in der Kirche guckt, dann läuft er nie linear, sondern im Zickzack, so zwischen Anreiz und Abstoßung. Und der Synodale Weg ist halt ein Stachel im Fleisch der römischen Kirche, verstehe ich, aber das tut der Kirche auch gut.
Dieterle: Der Reformwille der katholischen Kirche hat jetzt einen herben Rückschlag erlitten. Wann ist Ihr Frust so groß, dass Sie sagen: Das ist nicht mehr meine Kirche?
zu Eltz: Also, ich lasse mir ungern definieren von anderen, wann das meine Kirche ist und wann nicht. Ich habe gelernt als Kind, ich bin wegen dem Pfarrer nicht in der Kirche und trete wegen ihm auch nicht aus. Und das gilt für mich heute immer noch. Das ist meine Kirche genauso wie die der Bischöfe und aller anderen Synodalen. Noch hoffe ich, noch finde ich sie lebendig, wenn auch in Schwierigkeiten, und noch bleibe ich dabei.
Dieterle: Herr zu Eltz, vielen Dank für das Interview.
zu Eltz: Sehr gern.