Rüsselsheim setzt auf Astra – im Interview mit dem Opel-Chef Uwe Hochgeschurtz

Jetzt gehen wir über 60 Jahre zurück. Ein deutscher Straßenkreuzer war das: der Opel Kapitän – ein riesen Schiff. Damals war der Rüsselsheimer Autobauer noch erfolgreich in der Oberklasse. Auge in Auge zum Beispiel mit Mercedes und den anderen Premium-Herstellern. Das war einmal. Die Zeiten sind lange vorbei und dennoch hat es Opel nach vielen schwierigen Jahren wieder in die Gewinnzone geschafft. Heute noch die gute Nachricht für unsere Region: Der neue Opel Astra wird wieder in Rüsselsheim gebaut. Wir sind beim Produktionsstart dabei.

Er soll der neue Star aus Rüsselsheim werden: Mit dem neuen Astra will Opel sich unter den insgesamt 14 Automarken des Mega-Konzerns Stellantis behaupten. Und eigenen Charakter beweisen. Wegen des weltweiten Mangels an Mikrochips musste der Produktionsstart mehrfach verschoben werden – jetzt nimmt die Fertigung endlich an Fahrt auf. Zu diesem Anlass besuchte heute der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier das Rüsselsheimer Opel-Werk.
Volker Bouffier, CDU, Ministerpräsident Hessen
„Wir sind froh für die Entscheidung, dass ein Weltkonzern wie Stellantis diese Marke Opel stark positioniert, dass Rüsselsheim über Opel hinaus ja Standort auch ist für eine ganze Reihe weiterer Marken, und das Entscheidende, was uns immer wichtig war, dass hier dieses Fahrzeug entwickelt wurde und dieser Astra als Großvolumen-Modell, glaube ich, eine sehr gute Chance ist, Opel auch im Markt dauerhaft zu stärken und damit natürlich auch wichtige Arbeitsplätze zu erhalten.“
Nachdem der Rüsselsheimer Autobauer jahrelang rote Zahlen geschrieben hat, wurde er 2017 teil des PSA-Konzerns. Nach einem harten Sparkurs, dem Tausende Stellen zum Opfer fielen, ging es für Opel wieder bergauf. Anfang 2021 fusionierte PSA mit Fiat Chrysler zum neuen Riesen Stellantis. Darin ist Opel neben Peugeot, Citroën und Alfa Romeo nur noch eine Marke von vielen. Zur wichtigsten Aufgabe wurde, die Eigenständigkeit zu bewahren. Das wollen die Rüsselsheimer nicht nur durch neue Modelle erreichen: Ab 2028 setzt Opel zu 100 Prozent auf Elektrik. Das eigene Batteriewerk soll in drei Jahren in Kaiserslautern an den Start gehen.
Bei der Produktion des neuen Astra werden 400 neue Roboter helfen. Opel will mehrere Hundert Leiharbeiter einstellen, nachdem der Autohersteller gerade erst über 2000 Arbeitsplätze gestrichen hatte. Der neue Astra soll schon in diesem Frühjahr bei den ersten Kunden ankommen, von Anfang an als auch Plug-In-Hybrid. 2023 wird es den Fünftürer dann auch vollelektrisch geben. Opel setzt viel Hoffnung ins neue Modell und schielt schon Richtung Wolfsburg, wo der Bestseller VW Golf vielleicht doch irgendwann vom Thron gestoßen werden könnte.
Markus Appelmann, Moderator: Viele Themen für unser jetziges Gespräch mit dem Opel-Chef Uwe Hochgeschurtz in Rüsselsheim. Guten Tag!
Uwe Hochgeschurtz, Vorstandsvorsitzender Opel: Guten Tag!
Appelmann,: Opel hat Tausende Stellen in den letzten Jahren abgebaut. Nun wollen Sie Hunderte Leiharbeiter einstellen. Das heißt doch aber klipp und klar: Opel hat zu viele Stellen abgebaut.
Hochgeschurtz: Opel ist heute sehr gut aufgestellt. Wir freuen uns, dass mit dem Astra hier in Rüsselsheim wieder ein Produkt in der Fabrik ist, was in großen Stückzahlen verkauft werden wird. Wie gesagt, die Palette ist hochinteressant. Es ist ein ganz, ganz klares Bekenntnis zu dem Standort Rüsselsheim, denn nicht nur der Opel Astra wird hier gebaut, auch der Insignia.
Also von daher können wir sagen: Auf jeden Fall, die Beschäftigung ist hier erst mal garantiert. Das sind gute Nachrichten, natürlich für die Gegend. Aber was auch nicht ganz unwichtig ist: Der Astra ist ein echter Rüsselsheimer, denn er wird hier nicht nur gebaut. Der Astra wurde hier auch designt und entwickelt. Also der ganze Prozess vorher, um das Fahrzeug fertig zu konzipieren, wurde hier in Rüsselsheim gemacht. Also von daher, Beschäftigung ist vorhanden. Wir freuen uns natürlich, dass der Opel Astra jetzt endlich auf den Markt kommt.
Appelmann: Opel hat einen harten Sparkurs hinter sich. Sie haben zwar gerade gesagt, dass Sie an allen Opel-Standorten festhalten wollen, aber dass diese auch effizienter werden müssen. Heißt effizienter in diesem Zusammenhang, perspektivisch werden mehr Roboter eingesetzt und das Personal wird nach und nach zurückgefahren?
Hochgeschurtz: Am Ende geht es immer um Wettbewerbsfähigkeit und Technologie. Ich glaube, dass Opel mit der Elektrifizierung, der sehr schnellen Elektrifizierung, denn wir möchten die Zukunft etwas beschleunigen., wr wollen schnell in die CO2-neutrale Zukunft kommen. Ich glaube, dass wir mit der Technologie sehr, sehr gut aufgestellt sind bei Opel.
Was die Wettbewerbsfähigkeit angeht, ist es richtig, man muss die Effizienz immer weiter steigern, gerade in einem Hochpreis-Land wie Deutschland, wo die Energiepreise so hoch sind wie sonst nirgendwo in Europa. Und auch die Löhne sind sehr hoch in Deutschland. Da muss man jeden Tag, jeden Monat, jedes Jahr die Effizienz steigern, heiß mit den gegebenen Mitteln immer bessere Qualität bauen, immer bessere Anzahl oder Stückzahlen, die man dann entsprechend in Europa vermarkten kann.
Appelmann: Eine letzte Frage an Sie: Die Corona-Pandemie belastet auch Opel. Ein Beispiel: Chips, die überall im Auto verbaut werden, sind derzeit Mangelware. Inwieweit ist Ihre Produktion momentan ausgebremst?
Hochgeschurtz: Also,die Chip-Industrie oder sagen wir mal die Chip-Krise betrifft die gesamte Industrie, nicht nur übrigens die Automobilindustrie. Alle Hersteller sind betroffen, alle bauen etwas weniger, als sie vielleicht bauen könnten.
Die Nachfrage bleibt allerdings sehr hoch. Der Auftragsbestand bei Opel ist so hoch wie nie zuvor. Also von daher ist es richtig, dass wir etwas weniger bauen, als wir bauen können. Trotzdem: Wir sehen so langsam etwas Stabilität bei der Zulieferung der Halbleiter, der Mikrochips, und wir denken, dass bis Jahresende mehr Klarheit da ist, wie die Reise weitergeht. Langfristig gehe ich davon aus, dass auch diese Chip-Krise irgendwann gemeistert ist.
Appelmann: … sagt Opel-Chef Uwe Hochgeschurtz. Danke Ihnen!