Rhein-Pegel sinkt weiter

Eine Rekord-Trockenheit, die Folgen hat – nicht nur für die Binnenschiffer. Der Rhein ist einer der wichtigsten Transportwege für die Wirtschaft und für uns Verbraucher. Rohstoffe und Waren werden in großen Mengen auf dem Fluss transportiert, wenn er denn genug Wasser führt. Der wichtigste Orientierungspunkt für die Rheinschifffahrt befindet sich im rheinland-pfälzischen Kaub, wo der Fluss besonders flach ist: Der Pegel dort ist heute so niedrig, wie sonst nirgendwo an Deutschlands wichtigster Wasserstraße.

Der Rhein auf dem Rückzug: In Kaub sinkt der Pegel heute Vormittag auf 32 Zentimeter – fünf Zentimeter weniger als gestern. Das heißt: Die Fahrrinne ist nur noch 1 Meter 43 tief. Für voll beladene Lastkähne gibt es hier kein Durchkommen mehr. Dennoch hat Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt bislang kein Fahrverbot verhängt.
Florian Krekel, Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein
„Das WSA wird die Schifffahrt wegen des Niedrigwassers nicht sperren. Jeder Schifffsführer hat verantwortlich darüber zu entscheiden, ob er mit seinem Schiff die Strecke unter den aktuellen Bedingungen befahren kann.“
Fahren kann etwas weiter südlich noch die Fähre zwischen Ingelheim und Oestrich-Winkel. Aber nur, weil Fährmann Michael Schnaas aus Lorsch ein ganz spezielles Schiff hat.
Michael Schnaas, Fährmann
„Wir fahren hier seit Donnerstag mit unserer Niedrigwasserfähre, da der Einsatz ansonsten nicht mehr möglich war und unserer Kollegen hier mit ihren tiefer gelegten Schiff erhebliche Probleme hatten und auch nicht mehr fahren könnten.“
Fahren könnten auch noch viele Frachtschiffe. Doch um die flache Stelle bei Kaub passieren zu können, dürfen sie nur noch wenig laden. Dadurch lohnen sich viele Aufträge nicht mehr. In den vergangenen Wochen haben die Binnenschiffe deshalb immer weniger Kohle und Erdöl transportiert. Das trifft vor allem Unternehmen wie den Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen, die normalerweise viele Waren über den Fluss beziehen..Auch der Logistik-Dienstleister Contargo hat die Schiffstransporte zwischen Deutschland und den Niederlanden inzwischen eingestellt.
Contargo
„Aktuell fahren keine Schiffe mehr für den Import über Kaub. (…) Wir haben unsere Zugkapazitäten zwischen Mannheim und Rotterdam erhöht und fahren vereinzelt Container per LKW nach Rotterdam/Antwerpen.“
Um ein Schiff zu ersetzen, sind rund 40 Lastwagen nötig. Dadurch werden der Transporte weniger umweltfreundlich und teurer. Auch das Ausweichen auf Güterzüge könnte für die Unternehmen bald deutlich schwerer werden. Denn die Bundesregierung plant eine Rechtsverordnung, die dem Transport von Kohle auf der Schiene Vorrang gibt. Nur so könne sie den Betrieb der Kohlekraftwerke sicherstellen, die wegen der drohenden Gasknappheit weiter Strom produzieren müssten.
Das Niedrigwasser auf dem Rhein trifft in diesem Sommer auf eine Wirtschaft, die durch die Störung der weltweiten Lieferketten ohnehin gebeutelt ist. Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zeigen, dass die Industrieproduktion um ein Prozent abnimmt, wenn der Pegel bei Kaub für einen Monat unter 78 Zentimetern liegt.
Und schnelle Abhilfe ist nicht in Sicht: Eine geplante Vertiefung der Fahrrinne im Mittelrhein soll erst 2033 abgeschlossen sein – drei Jahre später als ursprünglich geplant. So dürften sich die Blicke vieler Unternehmer und Binnenschiffer hoffnungsvoll auf den bewölkten Himmel richten – und auf den Pegelstand bei Kaub.