Reaktionen auf Sondierungsergebnis

Die Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben lockern, ein Sondervermögen für Infrastruktur – Union und SPD hatten sich in ihren Sondierungsgesprächen auf ein milliardenschweres Finanzpaket geeinigt. Für solch drastische Erhöhungen der Staatsschulden braucht es allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Union und SPD hatten dabei auf die Unterstützung der Grünen gehofft – doch die haben dem Ganzen heute vorerst eine Absage erteilt.

500 Milliarden Euro für Infrastruktur, die Schuldenbremse für den Wehr-Etat lockern. Das wollen CDU, CSU und SPD erreichen und brauchen dafür die Zustimmung der Grünen. Doch seit heute Mittag ist klar: Daraus wird erstmal nichts.
Franziska Brantner (Bündnis 90 / Die Grünen), Parteivorsitzende
„Diese Gesetzesentwürfe, diese Vorschläge sind zurückzuweisen, sind nicht zustimmungsfähig. Wir stehen zur Verantwortung für unser Land, aber wir stehen nicht zur Verfügung, die Wahlversprechen von CDU und SPD über Schulden zu finanzieren.“
Die Grünen halten die Reform der Schuldenbremse für zwingend notwendig, stehen für Verhandlungen weiter zur Verfügung, betont die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete Misbah Khan heute.
Misbah Khan (Bündnis 90 / Die Grünen) Bundestagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz
„Wir verweigern uns nicht wegen Stilfragen, sondern wegen Sachfragen. Und trotzdem ist es ja schon auffällig, dass CDU und SPD sich einigen, uns faktisch brauchen für die Zustimmung und mit uns gar keine Gespräche führen, sondern einfach erwarten, wenn sie uns was auf den Tisch knallen, dass wir dann schön die Hände heben.“
Die Grünen vermissen insbesondere Finanzmittel für den Klimaschutz. Außerdem wollen sie eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen.
Der Landesvorsitzende der rheinland-pfälzischen CDU, Gordon Schnieder, empfiehlt seinen Kollegen im Bund, die Forderungen der Grünen zu erfüllen. Vor allem die Kommunen zu entlasten, sei wichtig.
Gordon Schnieder (CDU), Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz
„Denn dort sind die Infrastrukturstaus mit am größten, dort wird am meisten mit investiert. Deswegen glaube ich, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist, denn ich bin überzeugt, dass auch die Grünen überlegen müssen, was ist denn, wenn dort das Nein kommt, wie geht es denn dann weiter? Das sind Positionen, die sie aufgemacht haben, wo ich glaube und überzeugt bin, dass es sich lohnt, nachzuverhandeln und es sind keine Hürden, über die man nicht springen kann.“
So sieht es auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer.
Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident Rheinland-Pfalz
„Ich appelliere an alle Beteiligten, sich vernünftig hinzusetzen und das nachzuholen, was man womöglich bisher noch nicht intensiv genug gemacht hat, den Grünen gut zuzuhören. Auch zu überlegen, was kann man denn aus den Gesprächen herausziehen und dann eine gute Lösung zu finden. Die Zeit läuft, es muss jetzt bald eine Lösung finden. Deutschland wartet auf eine Bundesregierung und Deutschland wartet auf eine gute Lösung auch mit Blick auf den enormen Investitionsbedarf, den wir haben.“
Alexander Schweitzer wird bei den Koalitionsverhandlungen mit am Tisch sitzen. Das am Wochenende beschlossene Sondierungspapier biete dafür eine gute Grundlage. Es enthält viele Forderungen der SPD: den Mindestlohn auf 15 Euro erhöhen, das Rentenniveau absichern und die Mietpreisbremse verlängern. Die Union hat durchgesetzt, dass das Bürgergeld durch eine Grundsicherung ersetzt wird, die Grenzkontrollen verschärft sowie der Familiennachzug für Geflüchtete in bestimmten Fällen ausgesetzt wird. Von der sofortigen Zurückweisung aller Flüchtlinge an den deutschen Grenzen, wie es die Union im Wahlkampf gefordert hatte, ist hier nichts zu lesen.
„Wahlversprechen gebrochen“, urteilt die AfD. Außerdem will sie wegen der geplanten Lockerung der Schuldenbremse Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. Denn:
Robert Lambrou (AfD), Landesvorsitzender Hessen
„Es ist und bleibt ein beispielloser Wählerbetrug. Es ist das Gegenteil von seriöser Finanzpolitik.“
Am Donnerstag beginnen in Berlin die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Bereits heute Abend wollen sich die Parteien aber mit den Grünen zusammensetzen. In der Hoffnung, dass aus dem vorläufigem Nein zum milliardenschweren Finanzpaket doch noch ein Ja wird.