Reaktionen auf Koalitionsvertrag

„Die Ampel steht!“ Mit diesen drei Worten hat der künftige Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD den neuen Koalitionsvertrag vorgestellt. Auf 177 Seiten skizziert er, was die zukünftige Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP vorhat. Ist das ganze wirklich der Aufbruch, als den die Ampelparteien ihre Bündnis sehen? Hier sind Reaktionen auf den Koalitionsvertrag aus Rheinland-Pfalz und Hessen.

„Mehr Fortschritt wagen“ steht als Überschrift über dem Koalitionspapier der Ampel. Die drei Parteien, die zum ersten Mal auf Bundesebene gemeinsam regieren wollen, erkennen alle ihre Handschriften wieder. Und somit ist auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin voll des Lobes über den Vertrag.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Das Signal ist, dass die Herausforderungen riesig sind in Deutschland, natürlich jetzt die Pandemie, aber insgesamt der Klimawandel, der alles verändert, auch die Digitalisierung, das sind alles einfach Mammutthemen. Man muss sie beherzter anfassen als es in der Vergangenheit der Fall war und das hat diese Koalition vor. Und ich habe auch das Gefühl, dass die Partner sich sehr gut gefunden haben.“
Die Grünen erreichen, dass das Thema Klimaschutz einen zentralen Raum einnimmt. Ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien soll ermöglichen, dass Deutschland bereits 2030 aus der Kohleenergie aussteigen kann.
Die SPD kann sich die Erhöhung des Mindestlohns von zurzeit 9,60 € auf 12 € pro Stunde auf die Fahnen schreiben. Auch ein eigenständiges Bauministerium, wie es von der SPD einst selbst abgeschafft wurde, gibt es nun wieder.
Die FDP erreicht, dass die Schuldenbremse das Maß der Haushaltspolitik bleibt und dass keine Steuererhöhungen im Koalitionsvertrag vorgesehen sind.
René Rock, FDP, Fraktionsvorsitzender Hessen
„Es zeigt, dass wir auch über Grenzen von Lagern hinweg Kompromisse finden können und das wird aus meiner Sicht auch die Parteilandschaft, wie man so die Parteien zuordnet, ein bisschen verändern. Im Finanzbereich wird es spannend werden, weil es dort immer darum geht, welche Vorhaben werden finanziert und welche nicht. Das wird interessant werden.“
Kritik kommt von der CDU. Sie verweist auf das, was im Koalitionsvertrag nicht steht.
Christian Baldauf, CDU, Fraktionsvorsitzender Rheinland-Pfalz
„Was mir Bauchweh macht, dass es keine geordnete, gesteuerte Migrationspolitik geben soll, dass auch Menschen zu uns kommen sollen, die nicht ausreichend Deutsch können. Und ich bin sehr enttäuscht darüber, dass es kein Digitalministerium gibt. Ich wollte dies auch hier in Rheinland-Pfalz installiert wissen. Es gibt es jetzt auch nicht auf Bundesebene. Die Digitalisierung ist das A und O im Moment, da müssen wir nachholen.“
Aus Sicht der Wirtschaft bietet der Koalitionsvertrag durchaus Chancen. Die Landesvereinigung der Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) fordert aber beim Thema Klimaschutz:
Karsten Tacke, Geschäftsführer LVU
„…dass die notwendige Erreichung der Klimaschutzziele verbunden wird mit der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, die sich an CO2-neutralen und Zukunftstechnologien ausrichtet – darunter auch Wasserstoff – das ist ein ganz wichtiger Punkt für uns und wichtig für die Industrie in unserem Land.“
Die Gewerkschaften entdecken viel Positives im Koalitionsvertrag, sehen aber auch Probleme
Susanne Wingertszahn, Vorsitzende DGB Rheinland-Pfalz / Saarland
„Was wir sehr, sehr schwierig finden, sind die Ausformulierungen zur Ausweitung von Minijobs. Das wird sich auf dem Rücken der Frauen auswirken. Wo wir viele Fragezeichen haben, ist, was die soziale und gerechte Finanzierung der Vorhaben angeht.“
Jetzt müssen Parteitage, beziehungsweise bei den Grünen die Parteimitglieder, den Vertrag noch absegnen. In zwei Wochen könnte dann die neue Regierung die Arbeit aufnehmen. Und zeigen, ob Fortschritt nicht nur bedeutet, dass der Koalitionsvertrag in elektronischer Form verbreitet wird.