Reaktionen auf geplantes Investitionsprogramm des Bundes

Noch gibt es keine neue Bundesregierung, aber womöglich bald ein Sondervermögen von mehreren hundert Milliarden Euro. Eines vorweg: Sondervermögen klingt zwar gut, es handelt sich aber einfach nur um Schulden auf Kosten der Steuerzahler. Solche Schulden hatte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Wahlkampf eigentlich ausgeschlossen, jetzt wird es wohl die erste Amtshandlung von dem Mann, der Kanzler werden möchte und vorher schon die Strippen zieht. Das Mega-Investitionspaket für Infrastruktur und Wehrkosten sorgt auf jeden Fall für viel Ärger.

„Whatever it takes“, „Was immer notwendig ist“ – mit diesen Worten beschreibt der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz die Entscheidung, die er gestern Abend mit CSU und SPD getroffen hat. Die drei Parteien wollen im Bundestag ein neues Sondervermögen von 500 Milliarden Euro durchsetzen, mit dem die Infrastruktur erneuert und zum Beispiel auch Schulen saniert werden sollen. Außerdem soll ein dreistelliger Milliardenbetrag in die Aufrüstung der Bundeswehr fließen. Dazu muss allerdings die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gelockert werden – obwohl die Union das im Bundestagswahlkampf noch ausgeschlossen hat.
Friedrich Merz (CDU), Kanzlerkandidat
„Wir wissen aber auch, dass die Mittel für unsere Landes– und Bündnisverteidigung jetzt erheblich ausgeweitet werden müssen. Die dazu notwendigen Entscheidungen, vor allem in Hinblick auf den Bundeshaushalt dulden spätestens nach den jüngsten Entscheidungen der amerikanischen Regierung keinen Aufschub mehr.“
Der hessische Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende Boris Rhein hält die geplanten Investitionen in die Infrastruktur und die Bundeswehr für richtig. Denn im Ernstfall könne sich Deutschland nicht mehr auf den Bündnispartner USA verlassen. Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer sieht das Paket als wichtiges Signal.
Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident Rheinland-Pfalz
„Menschen brauchen vernünftige Infrastruktur. Straßen müssen okay sein, Brücken müssen okay sein, Kitas müssen gebaut werden. Alle diese Fragen sind wichtig und niemand würde verstehen, wenn wir Waffensysteme anschaffen, aber auf alles andere nicht achten und deshalb bin ich sehr froh, dass man jetzt auf beides achten wird. Es sind enorme Summen – ja, da kann einem schwindelig werden -, aber ich will auch sagen, es sind die Summen, die wir brauchen als größte Volkswirtschaft in Europa, um weiterhin stark zu sein.“
Schon kurz nach der Ankündigung gibt es Kritik aus den eigenen Reihen, zum Beispiel von der Jungen Union.
Johannes Winkel, Junge Union
„Aus Sicht der jungen Generation ist das ein harter Schlag für Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit bei Staatsfinanzen, weil die Botschaft ist: Lieber bequeme Schulden als unbequeme Reformen“
Auch die AfD lehnt die geplante Erhöhung der Staatsverschuldung ab,
Roman Bausch (AfD), Abgeordneter Landtag Hessen
„Das ist letzten Endes Wählerbetrug in Rekordzeit, dass man mit Friedrich Merz und seinen Aussagen vor der Wahl verbunden hat, dass er sich dafür einsetzen wird, dass es eine Ausgabenpriorisierung gibt, dass tatsächlich geschaut wird im Bundeshaushalt: Was brauchen wir? Was brauchen wir nicht? Und dementsprechend dann dort Mittel freigemacht werden für die wirklich wichtigen Aufgaben.“
Für ein neues Sondervermögen und eine Lockerung der Schuldenbremse brauchen Union und SPD im Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Im neu gewählten Bundestag gibt es die nur mit der AfD oder der Linken. Deshalb soll noch der amtierende alte Bundestag abstimmen. Dann würde die Zustimmung der Grünen reichen.
Misbah Khan (Bündnis 90 / Die Grünen), Mitglied des Bundestags
„Was jetzt nicht funktioniert ist zu sagen: Wir klären das mal zwischen der CDU und der SPD und dann läuft das auf Zuruf und wir winken dann einfach mal mit, ohne dass man mit uns gesprochen hat, sondern wir haben ja ernsthafte Vorschläge gemacht, wie man Sicherheit verbessern kann, wie man auch an die Schuldenreform rangehen kann und wir erwarten, dass – wenn man will, dass wir zustimmen – man sich mit uns auch an den Tisch setzt und dann einen Kompromiss findet.“
Die Landesvereinigung der Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz fordert schon lange Investitionen. Wirklich beruhigt ist man durch die Ankündigungen aber nicht.
Karsten Tacke, Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz
„Allerdings muss man natürlich auch sehen, dass wir nicht über Sondervermögen reden, sondern über Sonderschulden. Wer Schulden macht, muss erst mal zeigen, wo er spart. Hier sehen wir derzeit noch wenige Ansätze. Sonderschulden kosten Sonderzinsen und da muss man einen Grund haben, wenn man die den nachfolgenden Generationen um den Hals hängen will.“
Noch bevor die neue Regierung steht, sorgen Union und SPD also für handfeste Diskussionen.