Reaktionen auf Bund-Länder-Gespräche zu Flüchtlingskosten
Schnellere Asylverfahren und Abschiebungen, Leistungskürzungen und weniger Bargeld für Asylbewerber, und vor allem – ein neues System zur Finanzierung der Kosten: im Berliner Kanzleramt haben sich Bund und Länder nach stundenlangen Verhandlungen auf eine Neuregelung der Flüchtlingspolitik geeinigt. Ist das nun der große Wurf – oder nur viel Lärm um nichts?
Heute Morgen um kurz vor 4 Uhr im Kanzleramt: Sowohl dem Bundeskanzler als auch dem hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein, der als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz zurzeit die Interessen der Länder vertritt, ist die lange Verhandlungsnacht durchaus anzusehen. Aber auch die Erleichterung: Schließlich haben sich Bund und Ländern auf wichtige Eckpunkte im künftigen Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland geeinigt.
Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler
„Ich will nicht zu große Worte ergreifen. Aber doch sagen, dass ich glaube, dass das ein sehr historischer Moment ist, in dem wir hier sitzen. Es ist angesichts einer unbestreitbar großen Herausforderung wegen sehr großer Zahlen im Hinblick auf Fluchtmigration und irreguläre Migration es gelingt, dass alle Ebenen des Staates eng zusammenarbeiten.“Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„Ich bin der festen Überzeugung, dass wir einen – ich betone das – Schritt in die richtige Richtung heute gemacht haben. Klar ist aber auch, dass ein Weg aus sehr vielen Schritten besteht. Und natürlich noch weitere Schritte folgen müssen.“
Künftig alles klar geregelt – oder doch nur ein Schritt in die richtige Richtung? Hier gehen die Meinungen auch nach fast 18 Stunden Verhandlungen weiterhin auseinander. Auch die Rheinland-Pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer begrüßt die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels. Ihre Kritik gilt vor allem den Ministerpräsidenten der unionsgeführten Länder.
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Das Gespräch zwischen Bund und Ländern war ein sehr konstruktives. Und ich finde auch harmonisches Gespräch. Das Gespräch unter den Ministerpräsidenten war nicht harmonisch. Und ich kann heute auch wiederum nur, wenn ich zurückblicke, mit Verärgerung feststellen, dass CDU/CSU und auch grüne Seite, seitens der Ministerpräsidenten uns wirklich überrumpelt hat mit weitergehenden Forderungen, die vorher gar nicht thematisiert waren.“
So fordern die unionsgeführten Länder unter anderem mehr Gespräche über sichere Herkunftsländer sowie über die Rückführung von Flüchtlingen in Staaten, die bislang nicht dazu bereit sind, Geflüchtete wieder bei sich aufzunehmen.
Doch was bedeuten die Beschlüsse nun für Landkreise und Kommunen – etwa für den Kreis Bergstraße und die Erstaufnahmeeinrichtung in Bensheim? Bis zu 100 Flüchtlinge kommen hier Woche für Woche neu an – seit Monaten arbeite man an der Belastungsgrenze. Deshalb sei es grundsätzlich gut, dass man nach vernünftigen Lösungen suche und wohl auch einige gefunden habe. Aber:
Matthias Schimpf (Bündnis 90/Die Grünen), Flüchtlingsdezernent Kreis Bergstraße
„Es gibt auch sehr sehr viel Enttäuschung. Insbesondere natürlich, was die Frage angeht der Zuweisung an die Kommunen. Wer wird den Kommunen zugewiesen? Da gab es eine klare Forderung: Nur Menschen mit Bleibeperspektive. Dazu äußert sich dieses Papier erstmal nicht. Das heißt: Es wird in den nächsten Wochen weiterhin eine starke Zuweisung in die Kommunen geben, was uns auch weiterhin vor Probleme stellen wird.“
Sehr zu begrüßen sei allerdings der Beschluss zur künftigen Finanzierung der Flüchtlinge: Hier haben sich Bund und Länder auf ein „atmendes System“ geeinigt, dass nicht nur einen jährlichen Pauschalbetrag für Länder und Kommunen vorsieht, sondern einen Pro-Kopf-Betrag von 7500 Euro pro Flüchtling. Auch, wenn für Städte und Gemeinden bislang noch einiges unklar bleibe.
Lisa Diener, Direktorin Städtetag Rheinland-Pfalz
„Wir wissen zum Beispiel nicht, wie viel von den 7500 Euro, die jetzt pro Kopf vereinbart worden sind, an die Kommunen tatsächlich weitergegeben werden.“