Quartiersmanager im sozialen Brennpunkt

Armut, Arbeitslosigkeit, hohe Kriminalität und niedrige Bildung. Der Ausländeranteil liegt bei fast 50 Prozent. Das Kasseler Viertel Nord-Holland, das von allen nur „Nordstadt“ genannt wird ist wohl das, was man als Problem-Viertel bezeichnet. Umut Kaban ist hier der Quartiersmanager. Er kennt die Probleme und den schlechten Ruf der Gegend – und tut alles dafür, dass sie sich ändern.

Eine Einrichtung für Tagespflege in der Kasseler Nordstadt. Viele Menschen im Viertel haben keine Angehörigen mehr, bekommen zu Hause keinen Besuch. Umut Kaban kommt fast täglich hier her um die Bewohner bei Schreiben an Ämter zu unterstützen oder einfach nur, um ein paar freundliche Worte zu wechseln. Armut und Einsamkeit im Alter – nur zwei von vielen Problemen, die die Menschen in der Kassler Nordstadt haben. Kaban ist selbst hier geboren und aufgewachsen, auch deshalb hat er eine besondere Beziehung zu den Menschen im Quartier.

Umut Kaban, Quartiersmanager
„Weil ich genau dieselben Probleme damals selber hatte. Ich bin selber in einer 52 qm Wohnung aufgewachsen – fünfköpfige Familie. Ich habe noch zwei jüngere Brüder. Mein Vater war arbeiten. Ich habe den in meiner Jugend und Kindheit wenig gesehen. Ich war immer bei meiner Mama. Wie gesagt, ich kenne die Probleme und Situationen, die prekären Lebenssituationen habe ich selber erlebt, deswegen verstehe ich die Menschen hier.“

Kaban erinnert sich an seine Jugend im Viertel. Mit seinen Freunden hat er hier auf dem „Vier-Tore-Platz“ Fußball gespielt, bis die Straßenlaternen angingen. Es wurde um die Vorherrschaft auf der Straße gekämpft, die Schule spielte eine Nebenrolle und über ihre Zukunft wollten die Jungen nicht nachdenken.

Umut Kaban, Bildungsberater
„Ich habe mich mit 40 Jahren nicht gesehen oder mit 30 Jahren. Also es war wirklich schwarz und meine Zukunft habe ich nicht mehr gesehen. Ich dachte mir immer: ‚Ich habe sowieso keine Zukunft, deswegen baue ich jetzt Scheiße weil ich jetzt Bock darauf habe‘. Das war immer so in meinem Kopf. Aber irgendwann hat es Klick gemacht und dann bin ich auf die Realschule gekommen, dann aufs Gymnasium, dann habe ich mein Abi gemacht und dann studiert. Deswegen kann ich den Kindern jetzt sagen: Unser Hessisches Bildungssystem ist ein durchlässiges System, das heißt, man hat immer die Möglichkeit aufzusteigen, wenn man will.“

Seine Geschichte soll den Jugendlichen hier im Viertel Mut machen. Kaban unterstützt als Quartiersmanager bei Gesprächen in der Schule, der Suche nach Nachhilfe oder Praktikumsplätzen oder beim Schreiben von Bewerbungen.

Umut Kaban
(Handy klingelt) „Entschuldigung, da muss ich dran gehen. Kaban? Ja, Lebenslauf und Bewerbung.“

Für ihn steht die Arbeit mit Kindern und Heranwachsenden an erster Stelle. Sein Ziel ist es, dass sich niemand dafür schämt, aus der Nordstadt zu kommen, sondern dass die Menschen im Viertel zusammenhalten. Wenn Umut Kaban sich vorstellt, wie es hier in zehn oder fünfzehn Jahren aussehen soll, dann will er vor allem eines: dass kein Kind der Nordstadt mehr Angst vor der Zukunft hat, wie er sie einst hatte. Er will alles dafür tun …

Umut Kaban, Quartiersmanager und Bildungsberater:
„… dass sie genauso leben können und Zukunft haben können und von ihrer Zukunft träumen dürfen, wie ein Kind aus der Wilhelmshöhe oder ein Kind aus einem eher wohlhabenderen Stadtteil.“

Bis es aber so weit ist, hat Umut Kaban noch viel Arbeit vor sich. Doch die macht er gerne – damit es jeden Tag ein bisschen vorangeht, in seiner Nordstadt.