Psychosomatische Klinik Weilmünster

Wer einen Ausschlag hat, dem kann der Hautarzt helfen. Bei Kopfschmerzen vielleicht ein Neurologe. Aber nicht immer muss die Ursache für eine Krankheit rein körperlich sein. Manchmal liegen seelische Schmerzen so tief, dass sie der Auslöser sind. Auf diese Patienten ist die Psychosomatische Klinik im hessischen Weilmünster spezialisiert. Wir von 17:30 haben dort einen Tag hinter die Kulissen geblickt und eine Patientin mit einer sehr besonderen Geschichte kennengelernt.

 

Ursula Gall, ehem. Patientin Psychosomatische Klinik Weilmünster: „Ich habe mein Haus verkauft. Ich wollte jetzt im Mai mein Auto verkaufen. Ich habe nichts mehr zustande gebracht. Ich konnte auch weder reden richtig, noch riechen, oder schmecken. Es war, als wenn von Jahr zu Jahr immer von mir eingeschlafen wäre.“
Alles beginnt mit einem geplatzten Aneurysma im Gehirn. Es folgen Operationen, Reha, Ursula Gall kämpft sich zurück ins Leben. Aber durch eine Krankheit an der Wirbelsäule hat sie ständig Rückenschmerzen. Sie wird wieder operiert und muss starke Opiate nehmen. Doch die Schmerzen gehen nicht weg. Irgendwann schlägt es ihr auf die Stimme: Die ehemalige Leistungsschwimmerin verschluckt sich ständig beim Sprechen, weil ihr Mund zu viel Spucke produziert. Die Ärzte wissen nicht weiter. Sie wird zum Pflegefall.
Ursula Gall, ehem. Patientin Psychosomatische Klinik Weilmünster: „Krank ist krank, das kann man nicht wegmachen. Aber wenn du die Gründe erfährst, dass man auch Schicksalsschläge hatte und das mit der Krankheit eigentlich zusammen kam. Das ist dann auch psychisch, das ist nicht nur körperlich.“
Schicksalsschläge, die bei der heute 71-Jährigen weit zurückliegen. Und doch Auslöser sind. Das lernt sie in der Vitos Klinik für Psychosomatik. Wer hier behandelt wird, leidet in aller Regel unter Stressfolgeerkrankungen oder chronischen Schmerzen. Und hat eine lange Krankenakte dabei.
Dr. Doris Klinger, Leiterin Vitos Klinik für Psychosomatik Weilmünster: „Wir fordern die Befunde an, auch die körperlichen Befunde. Und versuchen das zu integrieren. Was bedingt was? Und dann wird sozusagen diese Fährte unter bio-psychosozialen Aspekten aufgenommen. Das ist ein ganzheitlicher Ansatz und wir arbeiten hier evidenzbasiert nach einem wissenschaftlichen Stand.“
Psychotherapie, Sport- und Bewegungstherapie, oder Bio-Feedback: Ein Therapieansatz, der mit Messwerten wie der Herzfrequenz, dem Blutdruck oder Hirnströmen arbeitet. Grundsätzlich wird die Behandlung individuell an den Patienten angepasst.
Ursula Gall schafft den Durchbruch mit Musiktherapie.
Ursula Gall, ehem. Patientin Psychosomatische Klinik Weilmünster: „Du hast so eine Angst. Singen, keine Stimme. Aber das ist anders. Du lernst dieses Atmen wieder. Und du singst ja keine Texte oder so. Aber dieses von Innen raus, dieses Laute kannst du dann mitmachen.“
Die Musik regt das limbische System im Gehirn an: Den Ort, an dem unsere Erinnerungen gespeichert und unsere Gefühle verarbeitet werden. Ziel ist es, Muster im Gehirn neu zu überschreiben. Durch die Therapie können Schmerzen und Ängste langfristig gehemmt werden.
Dr. Doris Klinger, Leiterin Vitos Klinik für Psychosomatik Weilmünster: „Natürlich muss sich der Patient einlassen. Nicht wir machen die Behandlung. Was macht die Klinik mit einem? Sondern: Wie kann derjenige das nutzen? Und das ist schon sehr abhängig von demjenigen, der zu uns kommt. Das gibt es durchaus, dass die auch beschwerdefrei gehen. Auch was Schmerzsymptomatiken anbelangt.“
Drei Monate ist Ursula Gall in der Klinik. Jetzt wird sie dort ambulant behandelt. Völlig schmerzfrei wird sie vermutlich nie sein. Aber: Sie kann wieder sprechen und ohne Rollator gehen. Als ‚die wertvollste Zeit in ihrem Leben‘ bezeichnet sie den Klinikaufenthalt.
Ursula Gall, ehem. Patientin Psychosomatische Klinik Weilmünster: „Und ich habe im September gebucht. Ich fahre nach Stuttgart mit dem Bus zum Musical.“
Ein Ausflug, der ein Jahr davor noch undenkbar war.