Prozess in Trier nach Amokfahrt

Vor fast einem Jahr wurde Trier von einer blutigen Amokfahrt erschüttert. Heute wurde der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter fortgesetzt. Bernd W. muss sich wegen mehrfachen Mordes und versuchten Mordes vor dem Landgericht Trier verantworten. Nach wie vor ist ungeklärt, warum der 52-jährige Deutsche die Tat begangen hat. Hinweise darauf sollte heute die Aussage eines Notars liefern.

Es ist der 01. Dezember 2020, der Tag, der Trier einen Schock versetzt. Um 13:46 Uhr soll Bernd W. mit über 80 Stundenkilometern durch die Trierer Fußgängerzone gerast sein. Wahllos und gezielt sei er auf Passanten zugesteuert, so die Anklage. Sechs Menschen sterben und über 20 werden verletzt. Kurz nach der Tat überwältigt die Polizei den 52 Jährigen.
Auslöser für die Tat könnte ein Treffen des Angeklagten mit einem Trierer Notar einen Tag vor der Amokfahrt gewesen sein. Bernd W. behauptet, dass der Notar ihn dabei erniedrigt hätte. Laut Polizeiprotokoll forderte der Angeklagte bei dem Treffen mehrere Hunderttausend Euro Schadenersatz für medizinische Studien, an denen er als Kind unfreiwillig teilnehmen musste. Da der Notar ihm aber kein Geld gegeben hat, habe der Angeklagte angekündigt, „Abhilfe“ zu schaffen.
Die Zeugenvernehmung des Notars heute zeichnet jedoch ein anderes Bild des Treffens. Der Angeklagte habe auf ihn nicht aggressiv gewirkt – so der Notar. Das Gespräch sei konstruktiv gewesen. Er habe dem Angeklagten Hinweise gegeben, wie er an das Geld kommen könnte.
Eine Aussage, die aus Sicht der Opfer mehr Fragen aufwirft als beantwortet.
Andreas Ammer, Anwalt der Nebenklage
„Es handelt sich offensichtlich um ein Hirngespinst des Angeklagten. Die Aussage zeigt einen völlig nüchternen, sachlichen, unspektakulären Besuch, der jedenfalls nicht dazu Anlass gegeben hat, die spätere Tat in dieser Form zu begehen. Er hat uns da in die Irre geleitet.“
Ein Polizist sagt heute noch aus, dass der Angeklagte sieben Tage vor der Tat einen Google-Maps-Screenshot vom Tatort auf seinem Handy speicherte. Für die Nebenklage ein weiteres Indiz, dass der Angeklagte die Tat schon länger geplant hat. Die Frage nach dem Motiv wird aber auch dadurch nicht beantwortet.
Otmar Schaffarczyk, Anwalt der Nebenklage
„Die Psychose steht im Raum und damit eine verminderte Schuldfähigkeit. Ich denke, mehr kann die Verteidigung nicht erreichen. Ob das letztlich jetzt so war und warum es passiert ist, da wird der Angeklagte sich sicher nicht zu äußern. Und die Frage wird für meinen Mandanten natürlich bis zum bitteren Ende offen bleiben. Aber unsere Intention oder zumindest die Intention meines Mandanten ist natürlich, dass er möglichst hoch bestraft wird.“
Ob der mutmaßliche Täter überhaupt bestraft werden kann oder in eine Psychiatrie eingewiesen wird, entscheidet sich erst im nächsten Jahr. Und solange der Angeklagte zu seinen Tatmotiven schweigt, bleiben auch die vielen Fragen der Opfer unbeantwortet.