Prozess gegen Testzentrumsbetreiber

Wegen Betrugs in Millionenhöhe muss sich ab heute ein 27-jähriger Mann vor dem Kasseler Landgericht verantworten. Er soll Corona-Testzentren in Kassel, Hannover, Braunschweig und Leipzig manipuliert haben.

Gewerbs- und bandenmäßiger Betrug durch fehlerhafte Abrechnung. Das wird einem 27-Jährigen Gesellschafter einer Firma aus Nordrhein-Westfalen vorgeworfen, der sich heute nicht vor den Kameras im Gerichtssaal zeigte. Er hatten in mehreren Städten Corona-Testzentren betrieben – darunter auch dieses hier in Kassel. Für Corona-Abstriche soll der Angeklagten gemeinsam mit vier weiteren Personen 1,8 Millionen Euro bei der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet haben. Allerdings seien in den Testzentren gar keine Schnelltests gemacht worden oder die Mindeststandards bewusst nicht eingehalten worden, so die Staatsanwaltschaft.
Stephan Schwirzer, Staatsanwaltschaft Kassel: „Der Angeklagte hat sich heute objektiv teilweise geständig eingelassen. Eine wissentliche und willentliche Involvierung in Betrugstaten hat er in Abrede gestellt.“
Er habe keinen Einblick in die Struktur der Testzentren gehabt, sagt der Angeklagte heute. Für die Monate April und Mai letzten Jahres sollen allein für das Testzentrum in Kassel Leistungen in Höhe von einer Million Euro abgerechnet worden sein. Ins Rollen gekommen waren die Ermittlungen nach der Meldung einer Bank wegen des Verdachts der Geldwäsche. Alle Testzentren wurden mittlerweile geschlossen. Die Familie des Angeklagten zeigt sich von den Vorwürfen überrascht.
Alya Cakar, Schwägerin des Angeklagten: „Er hat das nicht gemacht. Auf jeden Fall nicht. Der hat von sowas gar keine Ahnung, ehrlich. Der kennt sich mit diesem ganzen Papierkram gar nicht aus.“
Bundesweit laufen mehrere Verfahren zum Abrechnungsbetrug in Corona-Teststationen. Wie hoch der Gesamtschaden ist, lässt sich allerdings nicht abschätzen. Zu Beginn der kostenlosen Bürgertests mussten von den Betreibern keinerlei Nachweise für die durchgeführten Abstriche erbracht werden. Die Polizei geht daher von einer großen Dunkelziffer aus.
Im Kasseler Fall hat die Staatsanwaltschaft das zu Unrecht erhaltene Geld über Kontopfändungen gesichert. Wegen des Betrugs drohen dem Angeklagten nun zwischen ein und zehn Jahren Haft.