Projekt Dorfwärme für ein sauberes Ahrtal

Die Katastrophe auch als Chance nutzen. Das dachten sich viele Menschen im Ahrtal nach der Jahrhundertflut im letzten Jahr. Eine Idee war, das Ahrtal zu einer Modellregion für erneuerbare Energien zu machen. Fast ein Jahr nach der Flut startet in Marienthal nun das Projekt Dorfwärme. Eine CO2-neutrale Heizungsanlage für ein sauberes Ahrtal.

Wenn Gregor Kriechel von der Dorfwärme redet, lächelt er. Nachdem sein Haus in der Flutnacht komplett unter Wasser stand, geht es zwar nur langsam voran. Aber bald soll sein Haus an das neue Nahwärmenetz angeschlossen werden, das komplett ohne Gas und Öl funktioniert.
Gregor Kriechel, Bewohner Marienthal
„Dorfwärme ist eine super Sache, weil es wenig Alternativen gibt. Ölheizung will man eigentlich nicht mehr machen hier im Ort, weil man hat in der Flutnacht die ganzen Ölgerüche schon extrem wahrgenommen, die dann durch die Häuser durchgeschwommen sind.“
Allein in Marienthal sind in der Flutnacht Tausende Liter Heizöl in die Ahr gelaufen. Die Folgen für die Umwelt waren verherend. Auch ein Grund, die Chance nach der Flut zu nutzen.
Gregor Kriechel, Bewohner Marienthal
„Man geht da mit einem richtig guten Gewissen dran. Weil alle sagen ja mittlerweile, man muss ein bisschen was für die Umwelt tun und jetzt haben wir die Möglichkeit damit anzufangen und es wär ja eigentlich blöd wenn wir da nicht mitmachen würden. Ganz einfach.“
Daher macht fast das ganze Dorf mit. 34 Häuser sollen ab November CO2 neutral heizen können.
Bei der Dorfwärme haben die Häuser keine eigene Heizungsanlage mehr. In der Mitte des Dorfs steht eine Heizzentrale, die mit C02-neutralen Holzpellets betrieben wird. Von dort wird die erzeugte Wärme über Rohre direkt an die Häuser gebracht. Im Sommer reicht sogar die Energie aus den Solarpanels, die auf dem Dach der Heizungsanlage angebracht sind.
Bis dahin ist für Rolf Schmitt aber noch viel zu tun. Er ist der Kopf hinter dem Projekt. Direkt nach der Flut hat er mit der Planung begonnen. Seit letzter Woche werden die erste Gräben für die Heizungsrohre gebaggert und geschaufelt. Ein Hoffnungsschimmer für die Bürger, die von dem Projekt erst überzeugt werden mussten.
Rolf Schmitt, „Kümmerer“ Marienthal
„In den ersten Wochen kam schon der ein oder andere Kommentar, ‚Wie soll das möglich sein, wer soll das bezahlen?‘, aber ich glaube, es hat sich dann relativ schnell verfestigt auch, dass es nicht nur möglich ist, sondern dass es auch vom Kostenrahmen her günstig ist und wir die Umsetzung hinkriegen. Man sieht es auch vielleicht daran: Am Anfang wurden wir von dem einen oder anderen Ort an der Ahr belächelt und heute sind wir so ein bisschen Vorreiter.“
Für die Bewohner kostet die neue Heizung zwischen 10- und 20.000 Euro. Die Hälfte davon übernimmt der Bund. Die Heizkosten betragen für jedes Haus dann circa 2.500 Euro pro Jahr – weniger als früher. Nach Marienthal wollen nun auch andere Orte im Ahrtal ein Nahwärmenetz bauen. Doch das ist schwierig, weil die Voraussetzungen dafür stimmen müssen.
Dieo Nguyen, Eifel-Energiegenossenschaft
!Marienthal, ein Dorf mit circa 100 Einwohnern, ist pefekt für das Nahwärmenetz geeignet, weil es flach gelegen ist, es ist nicht zu groß, sodass wir mit der Planung etwas, im Vergleich zu anderen, größeren Standorten, einfacher haben.“
Gregor Kriechel freut sich, dass seine Heizung bald wieder funktionieren wird. Den letzten Winter musste er nämlich in seinem Wohnwagen verbringen. Das möchte er kein zweites Mal erleben.