Programm der Maifestspiele vorgestellt – Anna Netrebko soll auftreten

Schon die Ankündigung hat vor Kurzem für große Diskussionen gesorgt und ab heute ist es offiziell. Die Russin Anna Netrebko kommt zu den Maifestspielen nach Wiesbaden. Eines der Glanzlichter am Opernhimmel, das ist unumstritten. Umstritten ist dafür ihre angebliche Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, der Krieg gegen die Ukraine führt Und so bleibt die Programm-Vorstellung heute nicht ohne Kritik.

Die Stimme, die Opernfans seit Jahren Gänsehaut bereitet, ist bald auch in Wiesbaden zu hören. Anna Netrebko wird auftreten. Kritiker sagen, dass sie sich nicht klar vom Krieg in der Ukraine distanziert und jahrelang im Kreml verkehrt habe. Ihr Management behauptet, sie haben den Krieg klar verurteilt. Der Intendant des Hessischen Staatstheaters Uwe Eric Laufenberg verteidigt den Auftritt. Netrebko könne man nichts vorwerfen.
Uwe Eric Laufenberg, Intendant Staatstheater Wiesbaden
„Man kann moralisch sich über sie erheben, wenn man sagt: ‚Nein, das hätte sie wissen müssen‘ und ‚Nein sie war Freund von Putin‘. Es gibt mit vielen, vielen Leuten Bilder von Putin. Politiker, Künstler, Daxvorständen, die an irgendwelchen Pipelines gestanden haben, ihm die Hand geschüttelt haben oder die in irgendwelchen Wohnzimmern Krimmsekt getrunken haben. Wenn sie die alle ausxen wollen, dann wird es sehr still in diesem Lande.“
Trotzdem muss das Programm der Maifestspiele jetzt geändert werden. Denn durch den Auftritt Netrebkos haben nun zwei ukrainische Ensembles ihre Auftritte abgesagt.
Uwe Eric Laufenberg, Intendant Staatstheater Wiesbaden
„Ich bedaure das sehr, weil ich weiß, dass die Künstler sehr gerne gekommen wären. Ich finde, dass das für uns nicht tragbar ist, und ich glaube, dass das auch für die ukrainische Kultur und auch für den ukrainischen Staat nicht richtig ist, die Nationalität über die Freiheit zu setzen. Ich halte das für falsch. Und finde es vor allen Dingen aber unmöglich, dass wir dem nachgeben würden.“
Für das ukrainische Nationalorchester soll nun die oppositionelle russische Punk Band Pussy Riot auftreten. Denn die Maifestspiele sind dieses Jahr allen politischen Gefangenen gewidmet.
Das Land Hessen und die Stadt Wiesbaden sprechen sich gegen den Auftritt Anna Netrebkos aus. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein lässt daher seine Schirmherrschaft bei dem Festival ruhen. Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende betont, dass man in einer Demokratie den Dissens aushalten müsse.
Gert-Uwe Mende, SPD, Oberbürgermeister Wiesbaden
„Wir können nicht in die künstlerische Freiheit des Intendanten eingreifen. Das haben wir auch nicht vor. Das ist auch ein verfassungsrechtlich geschützter Raum, in dem wir nicht eingreifen wollen. Aber Kunst findet nicht im politikfreien Raum statt und deswegen haben wir uns als Politik dazu klar artikuliert. Gerade, um ein Zeichen an die Ukraine zu setzen.“
Uwe Eric Laufenberg kritisiert in dem Zusammenhang, dass die hessische Landesregierung Druck auf ihn ausübe.
Uwe Eric Laufenberg, Intendant Staatstheater Wiesbaden
„Bei Corona mussten wir lernen, dass wir nichts wert sind und dass man uns einfach zumachen kann. Und nach Corona müssen wir lernen, dass man uns sagen will, wer bei uns auftritt und wer nicht. Dagegen müssen wir uns wehren.“
Die Stimmung zwischen Politik und Kunst scheint schlecht. Ob unter diesen Umständen die 26 Inszenierungen mit Künstlern aus aller Welt wieder in den Vordergrund treten ist fraglich. Auftakt ist am 30. April.