Prof. Stephan zum Welt-Aids-Tag: „Wichtig einen Test zu machen“

Heute ist Donnerstag der 1. Dezember. Ein wichtiger Tag, denn heute ist Welt-AIDS-Tag. Vor 40 Jahren ist die AIDS-Epidemie auch in Deutschland zur bitteren Realität geworden. Viele Menschen sind damals an einer AIDS-Erkrankung gestorben. Doch es war nicht nur der Kampf ums eigene Leben, es war auch ein Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung.

Eva Dieterle, Moderatorin: 40 Jahre später ist HIV zwar noch nicht heilbar, aber behandelbar – und das mit großen Erfolgen – wie hier in der Ambulanz an der Universitätsklinik in Frankfurt täglich bewiesen wird. Die geschätzte Zahl der  HIV-Neuinfektionen  in Deutschland stagniert. Für 2021 schätzt das Robert Koch-Institut etwa 1.800 Neuinfektionen. Etwa so viele wie im Jahr zuvor. Die Zahl der Neuinfektionen liege dabei aber so niedrig wie zuletzt vor zwei Jahrzehnten.
So viel zu den Zahlen – und jetzt möchte ich dem Oberarzt im HIV-Center der Uniklinik in Frankfurt sprechen, mit Prof. Christoph Stephan, Guten Tag.
Prof. Christoph Stephan, HIV-CENTER Universitätsklinikum Frankfurt: Einen schönen guten Tag.
Dieterle: Herr Stephan, wie war das vor 40 Jahren an der Frankfurter Universitätsklinik? Da brach doch für die Menschen, die die Diagnose „HIV-infiziert“ erhalten haben, eine Welt zusammen. In vielen Fällen war das früher oder später ein Todesurteil, oder?
Stephan: Ja, tatsächlich war in den 1980er Jahren die Diagnose “HIV positiv” oder AIDS dann gleichzusetzen mit einem baldigen Todesurteil tatsächlich. Die Menschen sind ohne Therapien, die es damals einfach noch nicht gab, die sich gegen HIV gerichtet haben, oft kurz nach Diagnosestellung auch verstorben.
Dieterle: Seither hat sich glücklicherweise sehr viel getan. Was können Sie aber auch die HIV-infizierten Menschen jetzt dafür tun, dass eine AIDS-Erkrankung gar nicht erst ausbricht?
Stephan: Wenn HIV diagnostiziert wurde, dann wird unseren Patientinnen und Patienten sehr bald eine HIV-Therapie angeboten. Das bedeutet, Medikamente werden geschluckt, die die HIV-Infektion nicht heilen können, aber das Fortschreiten der HIV-Infektion verhindern. Also AIDS kann verhindert werden durch die Medikamente. Noch wichtiger aber ist es, zum Test zu gehen, das heißt einen HIV-Test zu machen für diejenigen Menschen, die ein Risiko haben für eine HIV Infektion, die diese in sich tragen. Und das kann manchmal auch ein Ereignis sein, was Jahre zurückliegt und an das man gar nicht mehr denkt. Was aber damals zu einer HIV Infektion geführt hatte.
Dieterle: Glauben Sie, dass es den Menschen irgendwann gelingen kann, AIDS zu heilen oder auch HIV-Infektionen komplett zu eliminieren?
Stephan: Also die HIV-Infektion wurde in einer kleinen Zahl von Patienten tatsächlich schon geheilt, das heißt, HIV konnte erfolgreich aus dem Körper heraus geschafft werden. Wie ist das passiert? Das ist eine Therapie, die ja eine Knochenmarktransplantation erfordert, also eine sehr gefährliche Therapie, ein Verfahren, an dem man selbst auch sterben kann. Deswegen wird das nicht für viele die Zukunft oder die Therapie-Option, die Möglichkeit der Behandlung darstellen.
Dieterle: Wir haben es eingangs gehört, die Zahlen sind rückläufig. Das Thema ist aus der breiten Öffentlichkeit ziemlich verschwunden. Dabei bleibt Aufklärung und Prävention doch nach wie vor der beste Schutz. Wünschen Sie sich wieder mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema?
Stephan: Ich wünsche mir eine kontinuierliche Aufmerksamkeit für das Thema und vor allem, dass beworben wird, einen Test zu machen, weil der Test ist das, was wir brauchen, um eine Therapie anbieten zu können. Und immer noch in Deutschland leben zu viele Menschen, die eine HIV-Infektion in sich tragen und davon nichts wissen und die sind es auch, die es weitergeben. Und entsprechend ist das mit einem Test und einer nachfolgenden Therapie gut zu verhindern
Dieterle: Ein ganz wichtiges Thema, deswegen haben wir heute darüber gesprochen! Weitere Infos dazu finden Sie im Internet unter www.aidshilfe.de. Herr Prof. Stephan, vielen Dank für das Interview.
Stephan: Sehr gerne.