Pirmasens und das Land streiten um Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge

Im August hat die Stadt Pirmasens einen Aufnahmestopp für ukrainische Flüchtlinge verhängt. Der Grund: drohende Überlastung. Doch aus dem Integrationsministerium in Mainz kam auf den Hilferuf als Antwort: „Soll nicht erfüllt!“ Und so musste die Stadt zurückrudern und doch wieder Ukraineflüchtlinge aufnehmen. Der Grund für den Streit liegt in den Zahlen.

In der einstigen Schuhhochburg wohnten früher einmal 60.000 Menschen, heute nur noch 40.000. Freie Wohnungen und günstige Mieten, für anerkannte Flüchtlinge wie aus der Ukraine, die ihren Wohnort selbst wählen dürfen, gute Argumente sich hier niederzulassen.
Der Oberbürgermeister kommt zum Ergebnis, dass seine Stadt mit aktuell etwa 900 bereits fast doppelt so viele ukrainische Flüchtlinge aufgenommen hat, wie eigentlich vorgesehen und verkündet einen Aufnahmestopp.
Markus Zwick (CDU), Oberbürgermeister Pirmasens
„Da gibt’s jetzt zwei Statistiken. Die eine besagt ‚Wo befinden sich die Flüchtlinge?‘, auf die haben wir uns bezogen. Da ist es so, dass wir hier über 82% über das Soll Flüchtlinge aufgenommen haben und integrieren hier in Pirmasens. Deswegen die Entscheidung. Das Land hat aber eine andere Statistik zugrunde gelegt.“
Laut dieser liege die Stadt bei 39,56 Prozent. Und damit noch ganz knapp unter der Marke von 40 Prozent, ab der ein Aufnahmestopp erlaubt wäre.
Die Zahlen des Landes beziehen sich auf den Ort, wo Flüchtlinge erstmals zugewiesen worden. Umzüge – gerade in attraktive Mittelstädte wie Pirmasens – werden nicht berücksichtigt. Ein Zerrbild, das nun auch das Integrationsministerium erkannt hat.
Janosch Littig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Staatssekretär Integrationsministerium Rheinland-Pfalz
„Jetzt haben wir aufgrund der Problemanzeige aus Pirmasens gesehen, dass die Statistik die wir verwenden eben nicht real alle Probleme und Zahlen abbildet und deswegen sind wir jetzt mit der Stadt in Kontakt, wie wir beide Statistiken übereinanderbringen und sie zusammenfügen und dann dementsprechend der Stadt Pirmasens ein realistischeres Bild ihrer Belastung abbilden.“
In Pirmasens freut man sich über die Lösungsbereitschaft seitens des Ministeriums. Der Städte- und Gemeindebund wünscht sich schnelleres Handeln.
Moritz Petry, Geschäftsführer Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz
„Wir sind zwar in einer Phase, wo wir aktuell nicht so viele Flüchtlinge aufnehmen müssen, aber das kann sich auch schnell ändern. Und vor allen Dingen müssen Land und Bund sich um Straftäter, um Ausreisepflichtige kümmern und schauen, dass nur die mit Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden.“
Denn die Verbleibenden zu integrieren, wird immer schwieriger. In Pirmasens fehlten schon jetzt mehr als 100 Kindergartenplätze, in manchen Grundschulklassen liege der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund bei über 90 Prozent. Darum bereitet der Oberbürgermeister nun, wie bereits 2018, einen Antrag auf eine generelle Zuzugssperre vor.
Markus Zwick (CDU), Oberbürgermeister Pirmasens
„Das war damals ein voller Erfolg und möchte da nochmal das Land darum bitten, uns hier eine Verschnaufpause zu ermöglichen, dass letztlich gar keine Flüchtlinge mehr aufgenommen werden müssen.“
Denn der Zuzug von Ukrainern sei laut Zwick ungebrochen hoch. Das Integrationsministerium kündigt an bei einem Antrag schnell zu entscheiden, ob die Stadt eine Verschnaufpause bekommt.