Pferdemediator Timo Ameruoso – Fohlen brauchen Väter

Timo Ameruoso macht vieles anders, als es in der Pferdewelt so üblich ist. Der Pferdemediator aus Stockstadt am Rhein bei Darmstadt hat selbst eine aktive Springreiter-Karriere hinter sich. Doch seit einem schweren Unfall sitzt er im Rollstuhl. Und da begann auch das Umdenken. Heute lehrt er einen wertschätzenden Umgang mit Pferden – und zeigt auch in Zucht und Haltung neue Wege auf.

Neue Wege, die eigentlich alt sind, zumindest, wenn man die ursprünglichen Herden betrachtet, denn in der freien Wildbahn leben Pferdefamilien ganz selbstverständlich zusammen. Inklusive Hengste.
Die kleine Paolina ist hier zur Welt gekommen und jetzt sieben Monate alt. Sie lebt mit Mutter und Vater. Und die Bindung zu ihrem Papa Paolo ist enorm.
In der Pferdezucht werden die Fohlen in der Regeln streng von ihren Vätern getrennt. Angeblich gehe von den Hengsten eine Gefahr für den Nachwuchs aus. Timo Ameruoso hält das für falsch. Deshalb zeigt er mit seiner Pferdefamilie in Stockstadt am Rhein, dass es von der Natur anders vorgesehen ist und auch anders geht.
Timo Ameruoso, Pferdemediator und Trainer
„Man sieht es ja hier, Paolo will weder die Stute decken, noch will er sein Stutfohlen decken oder geschweige denn dem Stutfohlen was machen. Mir geht da immer total das Herz auf, wenn ich erstens die drei zusammen sehe, aber wenn ich vor allem Paolina mit ihrem Papa zusammen fressen sehe, es gibt nicht Schöneres.“
Denn auch die Hengste haben – wenn man sie denn lässt – eine ganz wichtige Aufgabe bei der Fohlen-Aufzucht – und zwar die Erziehung.
Im Familienverbund lernen Fohlen unter anderem auch, welche Pflanzen giftig sind und wo weitere Gefahren lauern. Auf reinen Fohlenweiden, auf der nur junge Tiere zusammen stehen, bleibt dieser Effekt oftmals aus.
Timo Ameruoso wünscht sich generell ein Umdenken. Viele Methoden sind aus seiner Sicht völlig veraltet. Auch wenn es um Reiten, Training und Leistungssport geht.
Timo Ameruoso, Pferdemediator und Trainer
„In der Ausbildung heute hört man noch so Sätze: Man muss das Pferd früh anreiten, damit es nicht so stark ist und sich nicht wehren kann, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was das eigentlich bedeutet. Ich mach das ganz anders. Was man aus der Hirnforschung und aus der Lernforschung heute schon weiß, ist, dass man Bindung braucht, um das maximale Potential zu erreichen.“
Erst dann hat Timo die Chance, die volle Aufmerksamkeit und das Vertrauen eines Pferdes zu bekommen, trotz Herdentrieb und Fluchtreflex.
Timo Ameruoso, Pferdemediator und Trainer
„Dann arbeiten wir mit dem Pferd so, dass das Pferd ständig in die Reflexion kommt und nicht im Fluchtreflex, im Kampfreflex zum Totstellreflex getrieben wird. Und dadurch erst kann Bindung entstehen, vom Pferd zu uns. Ohne das Pferd in irgendeiner Weise zu manipulieren oder negativ zu manipulieren. Deswegen bauen wir ganz viel Selbstbewusstsein im Pferd auf, bauen das Pferd körperlich auf und wenn das Pferd maximal stark ist, maximal selbstbewusst ist, dann setzen wir uns drauf und dann geht das ganz galant.“
Ganz galant … so mag es Timo Ameruoso im Umgang mit Pferden am liebsten. Zuerst den Ursprung des Tieres verstehen, um dann ein gutes Team zu werden.
So wie seine kleine Pferdefamilie in Stockstadt am Rhein. Melina, Paolina und Paolo dürfen gemeinsam leben. Das schafft Vertrauen. Das sieht man auch daran, dass die Elterntiere ganz entspannt weiterfuttern, während Paolina mit ihrem „Ersatzpapa“ eine kleine Spritztour macht.