Paula Modersohn-Becker in der Schirn

Keine andere deutsche Künstlerin der Klassischen Moderne hat einen so legendären Status erreicht wie Paula Modersohn-Becker. Sie arbeitete nur 14 Jahre als Malerin und schuf über 750 Gemälde. Ihre Kunst fasziniert noch heute, nach über 100 Jahren. In der Frankfurter Kunsthalle Schirn wird bis zum 6. Februar eine umfassende Retrospektive der Künstlerin gezeigt.

Ein selbstbewusster Blick, ein dicker Bauch, obwohl sie eigentlich gar nicht schwanger ist! „Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag“ heißt dieses Gemälde von Paula Modersohn-Becker. Ein Hauptwerk der Künstlerin. Gemalt hat sie es 1906.
Dr. Ingrid Pfeiffer, Kuratorin der Ausstellung: „Dieses Bild ist eine Ikone der Kunstgeschichte. Hier malt sich eine Künstlerin als Akt selbst. Und was noch viel radikaler war, mit angedeuteter Schwangerschaft. Also mit gewölbten Bauch. Und sie deutet an, dass sie sozusagen beides könnte als Künstlerin. Leben geben im realen Sinn. Aber auch etwas Besonderes schaffen als Künstlerin.“
Auch Paula Modersohn-Becker selbst gilt als Ikone. Sie ist die deutsche Künstlerin der Moderne. – Sie malt anders als alle anderen Künstler ihrer Zeit. Niemand sonst ist Ende des 19.- und Anfang des 20sten Jahrhunderts so modern, soweit der Zeit voraus, wie die 1876 in Dresden geborene Malerin. Ihre Gemälde haben einen ganz speziellen, einen ganz eigenen Ausdruck.
Philipp Demandt, Direktor Kunsthalle Schirn Frankfurt: „Paula Modersohn-Becker ist eine Künstlerin gewesen, die ganz früh ihren eigenen Weg gegangen ist. Eine Künstlerin, die sich gegen alle Widerstände auch der Gesellschaft, auch ihrer eigenen Ehe, des eigenen Umfelds durchgesetzt hat, und in nur ganz wenigen Jahren ein unglaublich wirklich radikales Werk geschaffen hat.“
Mit ihrem Mann dem Maler Otto Modersohn lebt die Malerin in der Künstlerkolonie Worpswede. Dort ist sie mit Rainer Maria Rilke befreundet. Männliche Akte: damals ein Unding. Doch Paula Modersohn-Becker malt und zeichnet sie. Ganz ungewöhnlich sind ihre Portraits. Frontal. Praktisch wie mit einer Kamera gezoomt, nur eben gemalt. Die Künstlerin ist innovativ, aber erfolglos.
Philipp Demandt, Direktor Kunsthalle Schirn Frankfurt: „Paula Modersohn-Becker war zu Lebzeiten eigentlich nur bekannt als die Gattin von Otto Modersohn. Das ist das Schicksal, dass sie mit vielen anderen Künstlerinnen in dieser Zeit teilt. Als sie 1907 dann stirbt mit nur 31 Jahren wird ihr Werk sehr schnell entdeckt und sie wird sehr sehr schnell berühmt.“
Die Malerin stirbt kurz nach der Geburt ihrer Tochter an einer Embolie. In der Frankfurter Schirn werden 116 Gemälde und Zeichnungen der herausragenden Künstlerin gezeigt. Viele Bilder sind zu ihren Lebzeiten nie ausgestellt worden. Viel zu modern, viel zu gewagt. Heute sind es legendäre Kunstwerke.