Neue Weinsorten immun gegen Pilzbefall

Der Sommer 2022 war einer der trockensten seit Aufzeichnungsbeginn. Monate hat es kaum geregnet, in den letzten Wochen jedoch ganz viel. Das nasse Wetter ist gerade bei der aktuell laufenden Weinlese problematisch, da die reifen Trauben schnell faulen können. Es gibt jedoch ein paar Winzer, die haben gar kein Problem damit, denn sie pflanzen neue Rebsorten an und könnten damit den Weinanbau revolutionieren.

Aus der Ferne sieht der Weinberg von Eva Vollmer aus wie ein ganz normaler Wingert. Doch seit sechs Jahren baut sie hier am Mainzer Stadtrand keinen herkömmlichen Wein mehr an, sondern pilzwiderstandsfähige Reben – sogenannte Piwis. Statt Sauvignon Blanc wächst hier Souvignier Gris. Der Vorteil: Piwis müssen 80 Prozent weniger gespritzt werden. Das ist gut für die Natur, spart Arbeit, CO2 und Energie. Dazu faulen die Trauben der Biowinzerin nicht mehr.
Eva Vollmer, Winzerin in Mainz
„Die Reben oder die Trauben sind mir auch kaputtgegangen, hier in dem einen oder anderen Weinberg und das war schon ärgerlich. Und dann auch dieses Pflanzenschützen. Die Bios spritzen auch, mit halt seichten Mitteln, aber sie müssen spritzen. Und aus dieser Not heraus, aus diesen auch schlechten Erfahrungen und schlechtem Gewissen dieser vielen Traktorfahrten heraus, bin ich einfach zu der Überzeugung gekommen. Ich pflanze jetzt Zukunftsreben und basta und das mein Winzerinnenleben lang.“
Am Weincampus in Neustadt an der Weinstraße forscht Ulrich Fischer zu den eigentlich gar nicht so neuen Rebsorten. Denn Piwis gibt es schon seit 40 Jahren in Deutschland.
Ulrich Fischer, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum
„Die Piwis sind Kreuzungen von Rebsorten aus Amerika und den europäischen Ertragsrebsorten, sodass wir die Resistenzgene der amerikanischen Rebsorten einkreuzen ohne aber die Qualität eines Rieslings eines Chardonnays zu verlieren.“
Trotzdem waren Piwi-Weine bei Winzern lange unbeliebt. Doch so langsam tragen Forschung und Überzeugungsarbeit ihre Früchte. Deutschlandweit sind schon drei Prozent der Weinanbauflächen mit Piwis bestückt. Und immer mehr Winzer wollen die neuen Reben anbauen. Bis 2024 sind alle pilzwiderstandsfähige Sorten sogar ausverkauft. Ein Grund für den Boom könnte der Plan der Europäischen Union sein, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 zu halbieren.
Grund für das lange Zögern der Winzer ist der neue Geschmack. Diesen versuchen Forscher am Weincampus immer weiter zu verbessern. So sei der Unterschied zwischen pilzwiderstandsfähigen und herkömmlichen Weinen kaum noch zu erkennen.
Ulrich Fischer, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum
„Auf der einen Seite wollen wir „Me-too-Projekte“ haben, also Weine, die wie ein Sauvignon Blanc oder wie ein Riesling oder ein Weißburgunder schmecken, aber wir sind auch offen für neue Stilistiken, die einfach eine andere Fruchtausprägung haben. Und auch die Verbraucher sind auch dafür sehr sehr offen.“
Ziel ist es, dass irgendwann 30% der Weinanbaufläche in Deutschland mit Piwi-Reben bepflanzt werden. Eva Vollmer ist schon bei einem Viertel der Fläche und will weiter ausbauen.
Eva Vollmer, Winzerin in Mainz
„Ich will nicht mit meinem Lebenswerk dran schuld sein, irgendwas schlechter gemacht zu haben. Sondern ich möchte … Ich produziere Alkohol ich produziere Wein ich produziere Kultur. Aber das als Lösung und als nachhaltige Lösung zu bieten, das finde ich gigantisch.“
Und so sieht sie beim Anbau von Piwis kein großes Risiko. Das Risiko würden langfristig eher die Winzer haben, die keine Piwis anbauen.