Nach Assadsturz – Debatte um Rückkehr von Syrern aus Deutschland

Der vergangene Sonntag wird in die Geschichte eingehen: Das Regime von Syriens Machthaber Assad wurde gestürzt. Eine Schreckensherrschaft, die 11 Millionen Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat getrieben hat. Nicht nur in Syrien, auf der ganzen Welt feierten die Menschen auf den Straßen, auch in Frankfurt und Mainz. Kaum war die freudige Nachricht verbreitet, startete schon eine Debatte um die Zukunft der syrischen Flüchtlinge. Werden bald wieder Abschiebungen möglich sein?

Aus Angst vor dem Assad-Regime verlässt Jakuub Atmaj vor vielen Jahren seine Heimat Syrien und lebt jetzt in Rüsselsheim. Seine Eltern, die in Syrien geblieben sind, hat er seit 10 Jahren nicht mehr gesehen. Jetzt hofft er, sie bald endlich wieder besuchen zu können.
Jaakub Atmaj, aus Syrien geflohen
„Über 50 Jahre gibt es in Syrien keine Freiheit, keine Gleichheit. Und jetzt hoffe ich auf einen Neuanfang.“
Er selbst will in Deutschland bleiben. Seine Kinder sind hier aufgewachsen, zuhause wird nur Deutsch gesprochen. Jakuub Atmaj arbeitet in der Kanzlei von Nahla Osman, Fachanwältin für Migrationsrecht. Die Eltern der 46-jährigen stammen ebenfalls aus Syrien. Vergangenen Sonntag feiert sie mit rund 5.000 weiteren Menschen in der Mainzer Innenstadt den Sturz des Assad-Regimes. Doch neben der Freude ist auch die Unsicherheit groß.
Nahla Osman, Fachanwältin für Migrationsrecht
„Am Sonntag bei der Demo in Mainz zum Beispiel hat man mir gesagt: ‚Nahla, mach dein Büro zu, wir werden alle zurückkehren, wir wollen kein Asyl mehr, wir wollen keine Flüchtlinge mehr sein‘. Selbstverständlich müssen diese Menschen alle diese Situation abwarten – Wie wird es sein, wird es sicher sein? – und jetzt ist sehr, sehr große Angst da, weil einige Politiker leider das instrumentalisieren für ihren Wahlkampf und sagen: ‚Die Syrer sollen jetzt alle nach Hause.’“
Die Unions-Fraktion im Bundestag etwa fordert von der Bundesregierung einen zügigen Rückkehrplan für syrische Flüchtlinge und dass schlecht Integrierte und Straftäter sofort abgeschoben werden. Auch Hessens CDU-Innenminister Roman Poseck könne sich perspektivisch vorstellen, dass Abschiebungen wieder möglich werden. Auch wenn man die weitere Entwicklung erst mal abwarten müsse.
Roman Poseck (CDU), Innenminister Hessen
„Im Grundsatz haben wir jedenfalls ein Interesse daran, dass auch Syrer unser Land wieder verlassen und auch Syrien hat ein Interesse daran, denn es muss ja Menschen geben, die das Land dort wieder aufbauen. Es ist auch richtig und notwendig, dass wir uns auf die neue Entwicklung einstellen und vorbereiten und deshalb jetzt auch über Schlussfolgerungen und Maßnahmen diskutieren. Das sollten wir nicht auf die lange Bank schieben“
Eine viel zu verfrühte Diskussion, meint hingegen die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Katharina Binz von den Grünen.
Katharina Binz (Bündnis 90 / Die Grünen), Integrationsministerin Rheinland-Pfalz
„Also ich finde es ganz furchtbar, muss ich ganz ehrlich sagen, dass man direkt eine innenpolitische Debatte in Deutschland ausmacht und dass man überhaupt nicht erkennt, was für einen historischen Moment wir da erlebt haben, sondern direkt auch in einer Wahlkampfrhetorik dieses Thema aufgreift und zwar abseits jeder Realität und jeder Machbarkeit.“
Für Abschiebungen brauche es diplomatische Beziehungen, die es aber nicht gebe. Auch Außenministerin Annalena Baerbock warnt heute vor blindem Aktionismus.
Annalena Baerbock, (Bündnis 90 / Die Grüne), Bundesaußenministerin
„Die Situation in diesen Tagen ist alles andere als stabil. Es kommt weiter zu Kämpfen und Gewalt in Teilen des Landes, der sogenannte IS ist noch nicht vollständig besiegt.“
Auch wenn es bei vielen Nachbarländern wie Libyen nicht geklappt hat, ist die Hoffnung der Syrer auf eine sichere Demokratie nach dem Regimesturz groß.
Nahla Osma, Fachanwältin für Migrationsrecht
„Aleppo, die Heimat meiner Eltern, meine große Liebe, wurde ohne einen Schusswechsel übernommen. Das ist für mich ein sehr großes Wunder. Die Menschen, wo wir seit Jahren dafür kämpfen, dass die aus den Gefängnissen frei kommen, die wurden auf einmal alle frei gelassen, die noch leben. Ohne einen Schusswechsel, das ist für etwas, das grenzt an ein Wunder.“
Bevor absehbar ist, wie es in Syrien weitergeht, sei der Schutzstatus der Flüchtlinge in Deutschland nicht gefährdet, so Integrationsministerin Binz.